Die meisten der nachstehenden Geschichten sind bissig - und es gibt viel Ärgerliches im Kosovo. Kosovo ist aber auch wunderschön. Die Bevölkerung ist überaus herzlich, die Gastfreundschaft, die Besuchern entgegengebracht wird, ist unübertrefflich, die Landschaft spektakulär, es gibt sehr viel Sehenswertes, und der Kaffee ist der Beste der Welt. Lassen Sie sich also nicht abschrecken!

Neue Geschichten aus dem Hotel

Normalität

Wir verhandeln mit einer Bank über einen Kredit für die Installation von Solarmodulen. Den Kredit brauchen wir, weil die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) Subventionen nur über einen Bankkredit vergibt. Und die Subventionen brauchen wir, weil uns ohne die EBWE die Elektrizitätsgesellschaft den eingespiesenen Strom nicht oder nur nach einer endlosen Prozedur vergüten würde.

Ich mache die Kreditsachbearbeiterin der Bank darauf aufmerksam, dass wir die letzten beiden Jahre – während der Pandemie – mit Verlust gearbeitet haben und schlage statt einer Prüfung unserer Kreditwürdigkeit eine persönliche Garantie vor.

Sie fragt: Waren die Verluste der letzten beiden Jahre real oder nur in der Steuerdeklaration?

Unsichtbar

Der Direktor einer Roma-NGO berichtet, die grösste Supermarktkette des Landes stelle seit einiger Zeit Roma ein, wohl weil sie sonst kein Personal fänden. Die Roma würden allerdings nur im Lager eingesetzt, da sich auf den Verkaufsflächen Kunden an ihrem Anblick stören könnten.

Swaziland

Eine Viertelmillion Personen kosovarischer Herkunft leben in der Schweiz. Aber als ich auf dem Postbüro in Gračanica einen Brief in die Schweiz aufgeben möchte, erhalte ich die Auskunft, die Schweiz sei «nicht im System». Auf der Empfangsbestätigigung steht dann «Swaziland». Ich zahle auch das Porto für Swaziland (das gar nicht mehr so heisst), aber die Postangestellte versichert mir, der Brief werde in der Schweiz ankommen.

Hochrisiko

Das kosovarische Gesundheitsministerium publiziert eine Graphik in dramatischen Farben mit Hochrisikoländern, aus denen die Einreise nur mit PCR-Test gestattet ist. Zuoberst Israel mit einer 14-Tage-Inzidenz von 750 pro 100'000 Einwohnern, aber auch Österreich mit einer Inzidenz von 103 ist gelistet.

Kosovo hat gerade eine 14-Tage-Inzidenz von 1'115 – Weltrekord, und die Dunkelziffer ist bei einer Positivitätsrate von 13 % wohl hoch.

 

Etwas später, im Oktober 2021, listet Deutschland den Kosovo immer noch als Hochrisikoland. Dabei liegt die 7-Tage-Inzidenzi im Kosovo inzwischen bei 12, sechsmal tiefer als in Deutschland.

Hotel- und andere Geschichten

Investitonsförderung 4

Die Auslastung der Hotels im Kosovo schwankt gemäss amtlicher Statistik zwischen 7 und 17 %. Wir haben vor der Pandemie nach einer langen Durststrecke eine Auslastung von 41 % erreicht und erstmals dank Nebeneinkünften einen kleinen Gewinn gemacht. Natürlich kann kein Hotel mit einer so tiefen Auslastung, wie sie die amtliche Statistik ausweist, überleben. Ein Hotelier hat uns auch offen gesagt, dass er nur 20 % seiner Einkünfte deklariert (s. «Hotelauslastung»)

Aber die Steuerinspektoren kamen wieder zu uns und drohten uns wegen Nichtbeachtung unsinniger technischer Vorschriften – auf die uns unser externer Buchhalter nie aufmerksam gemacht hatte - hohe Bussen an.

Unser Buchhalter – der früher selbst Steuerinspektoren ausgebildet hatte – fand es unerklärlich, dass die Steuerinspektoren uns ausgesucht hatten. Wir erfüllten die Kriterien für eine Inspektion nicht. Vielleicht habe ein Konkurrent sie auf uns angesetzt.

Ich rate schon lange allen, die mich fragen, von Investitionen im Kosovo ab.

Prioritäten

Im August 2021 hält Kosovo den Weltrekord bei der Zunahme der COVID19-Infektionen. Innert weniger als einem Monat ist die 7-Tage-Inzidenz von 3 auf über 500 gestiegen. Ursache: Im Juli reisten 760’000 Personen in den Kosovo (1,8 Mio. Einwohner) ein, grossmehrheitlich Auslandkosovaren, die nach einer langen pandemiebedingten Unterbrechung alle gleichzeitig ihre Verwandten besuchten. In den Einkaufszentren, Clubs, Restaurants und auf den zahlreichen Hochzeiten trug fast niemand eine Maske.

Das Geld, das die Auslandkosovaren hier ausgeben, ist für die kosovarische Wirtschaft von enormer Bedeutung.

Als die Inzidenz auf 71 stieg, kündigte das Gesundheitsministerium verschärfte Massnahmen an. Dreizehn Tage später sollen sie in Kraft treten, am 20. August.

Dann sind die allermeisten Auslandkosovaren wieder weg.

«Some»

Eine Parlamentsabgeordnete der regierenden Partei «Vetevendosje» erklärte im Fernsehen, Priorität müsse die Suche nach vermissten Albanern sein, danach könne man auch nach vermissten Serben suchen. Sie erntet dafür Kritik, beharrt aber auf ihrer Aussage.

In der Berichterstattung darüber schreibt selbst das renommierte Online-Nachrichtenportal «Balkan Insight», auch einige («some») Serben würden noch vermisst. Gemäss einem früheren Artikel in «Balkan Insight» werden neben 1100 Albanern noch 360 Serben und 200 andere Nicht-Albaner vermisst.

Investitionsförderung 3

Wieder mal beschlagnahmte die Polizei meinen Pass. Begründung: Meine Aufenthaltsbewilligung sei abgelaufen, und es müsse überprüft werden, ob ich die zulässige visumsfreie Aufenthaltsdauer nicht überschritten hätte.

Auf der Fremdenpolizei in Pristina wurde mir am nächsten Tag beschieden, ich könne den Pass nur zurückerhalten, wenn ich meine abgelaufene Aufenthaltsbewilligung vorzeige – die ich nicht dabei hatte - und eine Geldbusse bezahle. Wer im Kosovo ein Unternehmen besitze, müsse zwingend eine Aufenthaltsbewilligung haben, das stehe so im Gesetz. Aber meine Bitte, mir die entsprechende Gesetzesbestimmung zu zeigen, wurde ignoriert.

Erst danach stellte ich fest, dass meine Aufenthaltsbewilligung noch gültig war. Ich hatte die Verlängerung zwar im März beantragt, diese wurde aber pandemiebedingt erst im August bewilligt, mit einer Gültigkeit von einem Jahr. Meine Gesetzesrecherche brachte keine Bestimmung zum Vorschein, dass Eigentümer von Unternehmen eine Aufenthaltsbewilligung brauchen.

Bei der zweiten Vorsprache lud mich der Chef der Fremdenpolizei in sein Büro und erklärte leutselig, alles sei in Ordnung, nachdem meine Aufenthaltsbewilligung noch gültig sei. Meine Bitte, mir die fragliche Gesetzesbestimmung zu zeigen, überhörte er konsequent.

Es sollte besser nicht brennen

In Pristina schiessen immer mehr Hochhäuser in den Himmel. Das höchste hat fünfunddreissig Stockwerke. Man könnte fast meinen, man sei in Frankfurt oder Manhattan.

Aber die Feuerwehr kann Feuer nur bis zum siebten Stock bekämpfen.

Ganz normal

Ich war bei einer befreundeten serbischen Familie zu Besuch. Wir tranken auf der Terrasse Kaffee. Plötzlich stand der Hausherr auf, ging ins Haus, kehrte mit einem Jagdgewehr zurück und erschoss eine Katze, die sich in den Garten verirrt hatte. Danach setzte er sich wieder, als wäre nichts geschehen.

Unteilbarer Kosovo 3

Als im Februar das Gerücht aufkam, dass Serbien Impfstoffe in Gemeinden mit serbischer Mehrheit geliefert habe, durchsuchte die kosovarische Polizei die Gesundheitszentren in diesen Gemeinden, um die Impfstoffe zu beschlagnahmen. Ein serbisches Angebot, Kosovo mit Impfstoffen zu beliefern, lehnte die Regierung ab.

Am 14. Mai 2021 beginnt die kosovarische Regierung mit der Impfung der über 65-Jährigen. Die Impfzentren sind ausschliesslich in Gemeinden ohne serbische Mehrheit.

Unteilbarer Kosovo 2

Am 12. März 2021 liegt die 7-Tage-Inzidenz in Gracanica bei 852, 47 der 50 Spitalbetten sind mit Covid19-Patienten belegt. Gleichentags stuft die Regierung die Gemeinde in die grüne Zone hoch, weil die von den serbischen Parallelinstitutionen erhobenen Zahlen der Infizierten nicht gezählt werden.

 

Konsequent ist auch die serbische Regierung. Die Corona-Hilfe für Arbeitslose in der Höhe von 200 € bekommen auch die Mitarbeitenden des Hotels. Ein bei den kosovarischen Behörden registriertes Hotel existiert für sie nicht.

Der ganz normale Wahnsinn

Bei Ausbruch der Pandemie wurde der Betrieb von Schwimmbädern untersagt. Verschiedene Hallenbäder von Hotels blieben aber geöffnet. Ob nicht kontrolliert wurde, oder ob die Inspektoren fürs Wegschauen bezahlt wurden? Im Juni kündigte dann die Regierung an, die Schwimmbäder könnten ab 1. Juli unter Auflagen wieder öffnen. Am 30. Juni war das noch die Sachlage. Am 1. Juli hatten wir die ersten Poolgäste – bis am Nachmittag bekannt wurde, dass Schwimmbäder weiterhin geschlossen bleiben mussten.

In den folgenden Wochen zeigte sich, dass nur wir uns an dieses Verbot hielten. Als dann am 28. Juli die Regierung eine neue Verordnung erliess, wonach u.a. Hallenbäder wieder öffnen durften, gingen wir davon aus, dass auch wir unseren Aussenpool wieder öffnen durften. Leider stellte sich bald heraus, dass wir uns irrten. Doch da überall die Schwimmbäder geöffnet hatten, liessen wir es darauf ankommen. Bei der ersten Kontrolle waren die Polizisten gnädig. Wir sollten doch die externen Poolgäste als Hotelgäste registrieren und mit Zimmerschlüsseln ausstatten, dann dürften sie den Pool benützen. Die Polizisten bei der zweiten Kontrolle ein paar Tage später befanden indes, dass auch Hotelgäste den Pool nicht mehr benützen dürfen. Nun werden unsere roten Zahlen noch röter.

Dass das Ansteckungsrisiko in Innenräumen um ein Hundertfaches höher ist als draussen, hat sich leider noch nicht bis zur kosovarischen Regierung durchgesprochen.

Unteilbarer Kosovo

Als Pläne ruchbar wurden, den Konflikt mit Serbien durch einen Gebietsaustausch zu lösen, war der Aufschrei im Kosovo gross. Doch selbst in der Pandemie zählen im Kosovo die Albaner ihre Infizierten und Toten, die Serben die ihrigen.

Wie du mir, so ich ihm

 

Was macht man, wenn man über’s Ohr gehauen wurde? Man sucht den nächsten Dummen, den man auch über’s Ohr hauen kann. Das Grundstück– archäologische Schutzzone, Bauverbot - gegenüber dem Hotel, das uns ein Spekulant vor sieben Jahren für 3000 € pro Are – realer Wert: 300 € - verkaufen wollte (s. «Spekulanten»), hat inzwischen mehrmals die Hand gewechselt. Jeder neue Besitzer hat einen weit überhöhten Preis bezahlt im Glauben, man könne bauen, und, als er seinen Irrtum feststellte, dennoch als Bauland weiterverkauft. Jetzt wurde es einem Bekannten für 5000 € pro Are angeboten.

Lokale Besonderheiten

Auf der Abteilung für Infektionskrankheiten des Universitätsspitals Pristina ist seit Beginn der Pandemie schon zweimal die Sauerstoffversorgung für Stunden unterbrochen gewesen, mit Todesfolgen. Jetzt gab es noch einen dreissigminütigen Stromunterbruch auf der Intensivstation. Die sechzehn Corona-Toten, die danach gemeldet wurden, seien aber nicht darauf zurückzuführen.

Ursache und Wirkung 2

Anfang Juli 2020 ergibt eine Umfrage, dass 29 % der Kosovaren glauben, das Corona-Virus existiere gar nicht, 62 % glauben, dass die Medien die Risiken übertreiben. Die Cafés sind voll, die eigentlich bestehende Maskenpflicht beachtet niemand.

Zwei Wochen später ist Kosovo das am stärksten betroffene Land in ganz Europa. Die Zahl der bestätigten Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner steigt auf 169. Dies obwohl kaum getestet wird, d.h. die Dunkelziffer ist wohl mindestens zehnmal so hoch.

Kosovo ist nicht allein: In Rumänien sind 11 % überzeugt, dass das Virus nicht existiert, 33 % haben Zweifel, und die Zahl der Neuinfektionen erreicht neue Rekorde.

Gutes Timing 2

Am 23. Juni 2020 beschliesst die kosovarische Regierung, ab dem 1. Juli wieder Hochzeiten und Klubs zuzulassen. Am selben Tag ist, nach einer anfänglich guten Bewältigung der Pandemie, die Zahl der Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner in 14 Tagen auf 55 gestiegen.

Am 1. Juli widerruft die Regierung den Beschluss. Die Kennziffer der Neuinfektionen beträgt jetzt 62.

Tourismuskompetenz

Am 16. Juni 2020 wird im Kosovo wieder mal eine Tourismusorganisation gegründet. Die Zahl der Neuinfektionen mit COVID 19 ist gerade auf einem neuen Höchststand: 129 neue Fälle, ein Zuwachs von 8.7 % gegenüber dem Vortag. Eine Aufhebung der Reisebeschränkungen seitens der EU rückt in weite Ferne. Die Teilnehmer der Gründungsversammlung sitzen im Saal eng beieinander, ohne Gesichtsmaske, beim Abschlussfoto Körperkontakt.

Als Vorsitzender der Tourismusorganisation wird dann auch ein Mann gewählt, der als Mitglied der staatlichen Sternekommission unserem Hotel zwei Sterne gab (s. „Sterne“).

Gutes Timing

Seit zwei Jahren wird das Flüsschen, das auch durch Gracanica fliesst, weiter flussabwärts regelmässig durch Industrieabwässer weiss gefärbt. Die Bürgermeister der beiden betroffenen Gemeinden beteuern bei einer Podiumsveranstaltung, dass schon viele Male versucht wurde, den oder die Urheber zu finden, ohne Erfolg. Ein Kommentar aus dem Publikum bringt die Erklärung: Die giftigen Abwässer werden nachts ins Flüsschen geleitet, wenn die Inspektoren nicht arbeiten.

Übrigens finden im Kosovo auch Geschwindigkeitskontrollen der Polizei fast ausschliesslich tagsüber und bei schönem Wetter statt.

Ursache und Wirkung

Zwanzig Jahre nach dem Krieg ist die Situation der Roma, Ashkali und Ägypter im Kosovo immer noch sehr schlecht. Sie sind zahlreichen Diskriminierungen ausgesetzt, über 90 % haben keine feste Arbeit, die Lebenserwartung liegt 10 Jahre unter derjenigen der Mehrheitsbevoelkerung.

Die NGO „Voice of Roma, Ashkali and Egyptians“ (VORAE) organisiert zum Thema eine zweitägige Konferenz. Die Eröffnungsansprache hält Albin Kurti, der Vorsitzende der Levizje Vetevendosje und baldige Ministerpräsident, und findet deutliche Worte zu Diskriminierung und Hate Speech. Eine der Podiumsdiskussionen moderiert Jeta Xharra, die prominenteste kosovarische Journalistin. Zu den Diskussionsteilnehmern zählen der schweizerische Botschafter, der Chef der OSZE-Mission, ein hochrangiger Vertreter der Levizje Vetevendosje und prominente Vertreter/innen von Behörden und Zivilgesellschaft. Im Publikum sitzen auch über hundert junge Roma, Ashkali und Aegypter, die als erste nach dem Krieg ein Studium absolviert haben oder absolvieren, dank Stipendien von VORAE.

In der ersten Pause wird Kurti von einem dutzend Journalisten belagert. Die meisten Fragen haben nichts mit dem Thema der Konferenz zu tun.

Als Kurti den Text seiner Ansprache auf Facebook postet, findet sich in den Kommentaren Hate Speech gegen Roma.

Der Schweizer Botschafter hat sich in seiner Ansprache auch kurz zur Frage eines Gebietsabtauschs zwischen Kosovo und Serbien geäussert. Am nächsten Tag schafft es, mit zwei Ausnahmen, nur diese Stellungnahme in die Medien. Selbst die Online-Zeitung von Jeta Xharra berichtet mit keinem Wort über die Konferenz.

Hoffnung

Unser artesisches Mineralwasser, das wir bei der ersten Bohrung für unsere geothermische Heizung und Klimaanlage zufällig gefunden hatten, ist ein wahres Wunderwasser. Es heilt, wie uns berichtet wurde, chronische Gastritis, Zwölffingerdarmgeschwüre, Bluthochdruck und löst Nierensteine auf, alles innert kürzester Zeit. Wir weisen auf einem Schild neben der Quelle darauf hin, ebenso auf unserer Webseite. Täglich kommen Leute, um das Wasser in Flaschen abzufüllen. Aber der grosse Ansturm blieb bisher aus, und auch die Auslastung des Hotels bessert sich nur langsam.

Doch jetzt besteht Hoffnung. Eine Jugendliche wurde ihre Akne los, nachdem sie zwei Wochen ihr Gesicht mit unserem Wasser gewaschen hatte, eine zweite sieht nach einer Woche schon eine starke Besserung.

Wenn sich das rumspricht, stehen die jungen Mädchen vielleicht bald schon Schlange. Oder ein Kosmetikkonzern kauft uns auf.

Oder übermorgen

Der sehr freundliche Beamte befand im dritten Anlauf nach längerer Prüfung alle eingereichten Dokumente für gut und kündigte einen Bescheid im Laufe des Tages an. Dann überlegte er es sich nochmals: „Oder morgen.“ „Oder übermorgen.“

Eine Woche später warte ich immer noch.

Justiz

Eine während der Probezeit entlassene Mitarbeiterin hatte uns auf Wiedereinstellung verklagt. Beim ersten Gerichtstermin war die Richterin abwesend. Beim zweiten Gerichtstermin wurden Beweisanträge gutgeheissen. Der dritte Gerichtstermin wurde versehentlich auf einen Sonntag angesetzt und dann kurzfristig telefonisch vorverschoben. Ich war als Zeuge vorgesehen, und wurde vom Anwalt eine halbe Stunde vor dem Termin darüber informiert. Bei der Verhandlung stellte sich heraus, dass den Beweisanträgen noch keine Folge geleistet worden war, so dass ein vierter Gerichtstermin angesetzt wurde. Dieser wird zweieinhalb Jahre nach der Entlassung sein.

Ruhig schlafen im Kosovo

Kürzlich wurde unser Bankkonto bei der Bank, die sich gerne als die beste im Lande vermarktet - doch das ist eine andere Geschichte – blockiert. An der Supermarktkasse funktionierte die Bankkarte nicht, und als ich per E-Banking Zahlungen erledigen wollte, fehlte diese Möglichkeit im Menü. Nach mehreren Kontakten mit der Bankhotline wurde schliesslich klar, dass das Konto auf Geheiss der Steuerbehörde blockiert worden war. Weder die Bank noch die Steuerbehörde befanden es für nötig, uns darüber zu informieren.

Unser externer Buchhalter, der auch die Steuererklärungen macht, versprach, sich sofort darum zu kümmern. Wie sich nach mehreren, nicht immer freundlichen Telefongesprächen herausstellte, ging die Blockierung auf eine Zahlungsaufforderung für einen vierstelligen Betrag zurück, die wir zwei Monate zuvor erhalten, und die nebst – teils noch gar nicht fälligen - Steuern auch Bussen beinhaltete. Allerdings fast zwei Jahre alte Bussen, von denen wir noch nie gehört hatten. Und zwei Jahre alte Steuern, für die wir nie eine Rechnung erhalten hatten.

Ich hatte die Zahlungsaufforderung umgehend unserem Buchhalter weitergeleitet, mehrmals bei ihm nachgefragt und wiederholt die Antwort erhalten, es sei alles geregelt, ich könne ruhig schlafen.

Nach der Blockierung des Kontos und einer telefonischen Beschimpfung durch meine Stellvertreterin entschied sich der Buchhalter vorbeizukommen und brachte die Zahlungsbefehle für die Bussen mit. Erst auf Nachfrage gab er zu, sie erst an diesem Tag geholt zu haben. Bei der ersten Zahlungsaufforderung zwei Monate zuvor habe er sie übersehen. Kein Wort des Bedauerns. Der Grund für die Bussen war weder aufgeführt noch ihm bekannt.

Die Kontoblockierung wurde ein paar Tage später aufgehoben. Ausser einer geringen Steuernachforderung mussten wir nichts bezahlen. Von den Bussen haben wir nichts mehr gehört.

Rassismus

Stellen mit Gästekontakt schreiben wir auf Englisch aus. Früher verlangten wir Kenntnisse des Albanischen und des Serbischen. Da wir so aber kaum geeignete Kandidat/innen fanden, begnügen wir uns inzwischen mit der Bereitschaft, die jeweils andere Landessprache zu lernen. Wir bieten hausintern Albanisch-Kurse für unsere Mitarbeiter/innen an. Bei allen geeigneten Stellen suchen wir aktiv albanische Mitarbeiter/innen, da wir deren Anteil gerne erhöhen würden.

Eine Hausmeisterstelle schrieb ich indessen kürzlich auf Facebook auf Serbisch und Englisch aus. Serbisch, weil Hausmeister meist kein Englisch können. Nicht auf Albanisch, weil der Hausmeister mit unseren Köchinnen und Putzfrauen kommunizieren können sollte – und diese nicht Albanisch sprechen – und weil er in der Nähe leben sollte, um in dringenden Fällen sofort verfügbar zu sein – und Gracanica ist serbisch.

Facebook blockierte die Stellenausschreibung fast umgehend, weil sie diskriminierend scheine. Offenbar hatte sich ein Nutzer darüber beschwert, dass die Stellenausschreibung nicht auf Albanisch erfolgt war. Ich rekurrierte, mit ausführlicher Begründung, und erwähnte dabei auch, dass die meisten hiesigen Stellenausschreibungen auf Facebook nur auf Albanisch sind, ohne dass dies Anstoss erregen würde. Der Rekurs wurde innert Minuten ohne Begründung abgelehnt.

Nun ist ja bekannt, dass Facebook oft absurde Entscheidungen trifft. Ich dachte mir, das sei auch ein hübsches Beispiel und postete auf Facebook meinen Rekurs und die Antwort.

Mit der Reaktion albanischer Nutzer hatte ich nicht gerechnet. Das sei der rassistischste Post seit langem, schrieb einer. Facebook haben die Stellenausschreibung wahrscheinlich aus anderen Gründen blockiert, und dass ich die Blockierung „der albanischen Sprache“ zuschreibe, sei zutiefst rassistisch. Die Blockierung könne z.B. auch auf serbische Hacker zurückzuführen sein, denen das Hotel nicht passe…

Andere Nutzer hielten dagegen, doch mehrere pflichteten dem Rassismusvorwurf bei. Mit der Begründung, die Stellenausschreibung hätte auf Albanisch erfolgen müssen. 

Die Erklärung

Unser Elektriker – eigentlich Elektroingenieur – hat einen staatlichen Grossauftrag erhalten, der ihn ein Jahr lang beschäftigen wird. Ich kenne ihn als grundehrlichen Menschen und wundere mich, denn staatliche Aufträge erhält man hierzulande, wie allgemein bekannt, nur dank Bestechung - dem Vernehmen nach in der Regel 20 % der Auftragssumme - oder Beziehungen.

Die Erklärung ist, wie sich herausstellt, einfach: Unser Elektriker ist Subunternehmer. Den Auftrag hat eine Firma bekommen, die zur Ausführung der Arbeiten nicht in der Lage ist. Wieviel Prozent sie wohl für sich abgezweigt hat?

Fake News

Bei den Pogromen vom 17.-19. März 2004 griffen 50‘000 junge Albaner im ganzen Land Siedlungen von Serben und Roma an. Es gab 19 Tote und 870 Verletzte, 586 Häuser wurden in Brand gesetzt sowie 22 Kirchen und Klöster, Tausende wurden vertrieben. Ausgelöst wurden die Pogrome durch eine – wie man heute sagen würde – Fake News, wonach Serben drei albanische Kinder in den Fluss Ibar bei Mitrovica getrieben hätten, wo sie ertrunken sind. Eine gemischte Untersuchungskommission hat später keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Ereignisse sich so abgespielt haben, dafür starke Indizien, dass die Aussagen des überlebenden Kindes, das der einzige Zeuge war, manipuliert waren.

Zum fünfzehnten Jahrestag der Pogrome würdigt die als seriös geltende Zeitung „Koha Ditore“ die Pogrome als ausschlaggebend für die spätere Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Sie hatte ursprünglich die Falschmeldung mitverbreitet. Jetzt schreibt sie, die Ursache der „Unruhen“ seien nie völlig aufgeklärt worden. „Einige“ serbische Häuser und Kirchen seien in Brand gesetzt worden. Betont werden Opfer unter den Angreifern und Racheakte von Serben.

Richtig ist, dass die Gewalt sich ausgezahlt hat, wie schon mehrmals zuvor.

„Nachhaltig reisen“

Auch die Neue Zürcher Zeitung ist auf den Zug aufgesprungen und bringt ein Interview zum Thema „nachhaltig reisen“. Darin wird auch für entsprechende Nachhaltigkeitslabel Werbung gemacht.

Wenn man den Links folgt, gelangt man zu verschiedenen kommerziellen Unternehmen, die die Nachhaltigkeitszertifizierung durchführen. Die meisten schweigen sich über die Kosten aus, doch eines ist – immerhin – transparent: Die Zertifizierung kostet jährlich 3000 €.

Mit diesem Betrag könnte ich z.B. auch die Löhne meiner Mitarbeiter/innen um über 5 % erhöhen. Was ist wohl nachhaltiger?

Kosovarische Bürokratie und Hilfsbereitschaft

Meine Bankkarte war abgelaufen, eine neue hatte ich nicht erhalten. Von der Hotline der Bank erfuhr ich, dass der Brief mit der neuen als unzustellbar retourniert worden sei. Man werde sie nun an das Postamt im nahegelegenen Hajvali schicken, wo ich sie abholen könne.

Auf dem Postamt in Hajvali legte ich meinen Ausländerausweis vor, und der Postbeamte suchte den Brief hervor. Es war noch der Originalbrief, adressiert an meine alte Wohnadresse in der Schweiz. Die Strasse und Hausnummer waren korrekt, nur fehlten Postleitzahl, Ortschaft und Land.

Auf dem Brief war indessen auch die Nummer meines vor fünf Jahren abgelaufenen Passes vermerkt, und der Leiter der Poststelle beschied mir, ohne dessen Vorlage könne der Brief nicht ausgehändigt werden.

Um mir keine zusätzlichen Umstände zu bereiten, rief er die Bank an. Auf seinem privaten Mobiltelefon, denn die Poststelle hat kein Diensttelefon. Nach einem fünfzehnminütigen Telefongespräch wurde klar, dass sich ohne eine Vorsprache auf der Bank – in Pristina – nichts machen liess. Im Verlauf des Telefongesprächs war ich indessen auch nach der Nummer der neuen Bankkarte gefragt worden, so dass der Brief geöffnet werden musste.

Ein geöffneter Brief mit einer Bankkarte war dem Poststellenleiter offensichtlich unangenehm. Er schlug daher vor, dass ein Postbeamter mit mir und dem Brief zu Bank fährt. Da die Poststelle kein Fahrzeug zur Verfügung hatte, rief er einen befreundeten Briefträger in Pristina an. Um die Wartezeit zu verkürzen, bis dieser eintraf, lud er mich zu einem Kaffee in einem nahegelegenen Lokal ein. Und erzählte, wieviel besser die Post in jugoslawischer Zeit organisiert gewesen sei.

Eineinhalb Stunden, nachdem ich die Poststelle in Hajvali betreten hatte, wurde mir in Pristina die neue Bankkarte ausgehändigt. Auf meine Bitte, auch meine Adresse im Kosovo im System zu erfassen, wurde mir beschieden, dafür müsse ich eine aktuelle Strom-, Wasser- oder Steuerrechnung vorlegen.

Wie ich feststellen musste, ist indessen auf diesen Rechnungen keine Adresse vermerkt. Ich brachte der Bank daher eine Bestätigung der Ausländerbehörde. Auf dieser war die Strasse mit einem Tippfehler erfasst, „Istic“ statt „Ristic“. Obwohl ich die Bankangestellte auf den Fehler hinwies, erfasste sie die Adresse im System mit dem Tippfehler. Eine Korrektur sei nur möglich, wenn ich ein entsprechendes Dokument vorlege.

Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast

Gemäss amtlicher Statistik ist die Arbeitslosenquote von 57,1 % im Jahr 2001 auf 31.4 % im vierten Quartal 2018 gesunken. Die Erwerbsquote indessen ist im gleichen Zeitraum von 45,6 % auf 42.0 % gesunken.

Wie in der Schweiz

Heute war es kühl, ein wenig windig, zeitweise leichter Regen. Die Arbeiter, die verschiedene Gartenarbeiten erledigen sollten, verabschiedeten sich nach zwei Stunden: Es sei zu kalt. Ich sagte ihnen, in der Schweiz würde auch nur gearbeitet, wenn es um die 20° und nicht zu sonnig sei. Sie waren nicht erstaunt.

Wahre Freundschaft

Der Bekannte, dem wir von unserer Furcht vor Schutzgelderpressung erzählten, beruhigte uns: Wenn jemand von uns Schutzgelder fordere, sollten wir nur ihn rufen. Er sei auch in dem Geschäft und werde das für uns regeln.

Briefe versenden

In Gračanica gibt es keinen Briefkasten, anderswo habe ich auch nie einen gesehen. Die Ansichtskarten, die unsere Gäste schreiben, geben wir daher auf der Post am Schalter ab.

Ein Gast steckte kürzlich die Ansichtskarten in Briefumschläge und frankierte diese mit 1.80 €. Als ich sie auf der Post abgeben wollte, wurde mir von der Dame am Schalter beschieden, es gebe keinen Strom, sie könne sie daher nicht annehmen. Ausserdem dürften Ansichtskarten nicht in Briefumschlägen verschickt und Briefumschläge nicht frankiert werden.

Wechselgeld beschaffen

Unsere Bank wirbt mit ihrem ausgezeichneten Kundendienst für kleine und mittlere Unternehmen. Als wir sie wählten, gab es noch eine Filiale in Gracanica. Jetzt sind da nur noch Bankomaten. Die geben aber weder kleine Noten noch Münzen aus. Wenn wir Wechselgeld benötigen, müssen wir das beim Kundendienst telefonisch bestellen und in Pristina abholen.

Ich bestellte 100 Münzen à 10 Cent, 100 Münzen à 20 Cent, 200 Münzen à 1 € und 200 Münzen à 2 €, was uns für drei, vier Monate gereicht hätte. Und erhielt die Antwort, Münzen gebe es nur in Beuteln à 500 Stück. Aber man werde schauen, was man tun könne. Am Nachmittag des nächsten Tages könne ich sie abholen.

Am nächsten Tag gab ich am Hauptsitz der Bank in Pristina meinen Bestellzettel ab. Der Bankangestellte verschwand und kehrte nach zehn Minuten mit einem Beutel mit 500 Münzen à 1 € zurück. Andere Münzen hätten sie momentan keine.

Vorteile der Unpünktlichkeit

Wenn meine Kollegen mir eine Zeitangabe machen, z.B. sie seien in fünf Minuten wieder da, frage ich oft: Schweizer oder kosovarische Zeit? Kosovarische Zeitangaben muss man mindestens mit zehn multiplizieren.

Theateraufführungen und Konzerte beginnen selten mit weniger als einer halben Stunde Verspätung, es können aber auch eineinhalb Stunden sein. Zum angekündigten Veranstaltungsbeginn sind meist auch nur wenige Gäste da. Ob die Gäste sich auf die Veranstalter einstellen oder die Veranstalter auf die Gäste?

Wenn – wie im Hotel – eine Veranstaltung nur mit zehn Minuten Verspätung beginnt, passiert es immer wieder, dass die letzten Gäste gerade noch zum Schlussapplaus eintreffen.

Diese kosovarische Eigenart kann auch unverhoffte Vorteile bringen. Pipilotti Rist, die berühmteste zeitgenössische Schweizer Künstlerin, hat gerade eine Ausstellung in Sydney, bei der der Andrang so gross ist, dass die Museumsleitung ein Selfie-Verbot verhängte, um die Verweildauer vor den Kunstinstallationen zu verkürzen. Als sie in Pristina eine Präsentation hatte, waren zum offiziellen Veranstaltungsbeginn sie, der Kurator und ich die einzigen im Saal, so dass ich mich eine Viertelstunde mit ihr unterhalten konnte, bevor weitere Gäste eintrafen.

So erfuhr ich unter anderem, was eine Künstlerin wie sie nach Pristina verschlug: Der Kurator, Albert Heta, hatte sie sieben Jahre bearbeitet, so dass sie seine Hartnäckigkeit schliesslich honorierte. 

Wie man das Abfallproblem lösen könnte

Vieles, was einen als Ausländer im Kosovo verzweifeln lässt, trifft Kosovaren deutlich härter. Der Frust über die Politik oder die Verhältnisse im allgemeinen ist denn auch häufiges Gesprächsthema. Und solche Gespräche enden regelmässig mit der Aussage, es dauere noch zwanzig oder fünfzig Jahre, bis sich etwas ändere.

Aber es ginge auch anders. Nach dem Krieg führte die UNO-Verwaltung das Gurtenobligatorium ein. Die Polizei kontrollierte oft und verhängte Bussen. Die Anschnallquote stieg auf 90 %.

Dann wurde die Polizei „toleranter“, und die Zahl der Autofahrer, die sich anschnallten, sank auf 40 %.

Rote Ohren

Die Schweiz hat gerade die Bussgelder für Telefonieren am Steuer erhöht. Wenn man im kosovarischen Strassenverkehr unterwegs ist, stellt man sich indes unweigerlich die Frage, ob hier Bussen verhängt werden, wenn man nicht das Handy am Ohr hat. Oft sieht man jeden zweiten Autofahrer beim Telefonieren – und merkt es der Fahrweise an. Frauen sind mitgemeint.

Meine beiden Partner haben Geschäftshandys, die sie aber mehrheitlich privat nutzen. Die Telefongesellschaft schickt uns jeden Monat detaillierte Auflistungen der Gespräche. Ich habe für einen Monat nachgezählt. Ado hat 427 Anrufe getätigt, Hisen immerhin 275. Gespräche über Skype, Viber und eingegangene Anrufe nicht mitgezählt.

Da kann man fast froh sein, dass der Verkehr immer öfter staut.

Gutes Timing

Die Solarheizung für den Pool haben wir im Herbst bestellt, um im Frühling die Badesaison früher beginnen zu können. Sie kam über ein Jahr später im Spätherbst. Und funktionierte bisher wegen wiederholter Defekte meist nur im Hochsommer.

Bei der neuen Klimaanlage – wir brauchten für die hohen Sommertemperaturen eine leistungsstärkere – ging es schneller. Bestellt im März, war sie schon im Oktober betriebsbereit

Ohne Kommentar

54 % der Frauen im Kosovo halten es in bestimmten Fällen für gerechtfertigt, von ihren Ehemännern geschlagen zu werden.

Freier Warenverkehr

Der Wein in der mazedonischen Weinkellerei war so köstlich, dass ich zwei Kisten davon kaufte. An der Grenze antwortete ich auf die obligate Frage wahrheitsgetreu. Die Reaktion des Zöllners: „Das ist nicht gestattet.“ Ich erklärte, ich sei mir bewusst, dass Zoll und Mehrwertsteuer zu bezahlen seien. Er wiederholte, es sei nicht erlaubt, und forderte mich auf mitzukommen.

Im Büro schilderte er den Sachverhalt seinem Chef. Dessen Reaktion: „Das ist nicht gestattet.“ Meine Bereitschaft, Zoll und Mehrwertsteuer zu bezahlen, half nichts. Es stellte sich heraus, dass ich für die Einfuhr der zwei Kisten zum Lastwagenterminal fahren und die vollständige Prozedur absolvieren müsste: chemische Analyse aus dem Ursprungsland, chemische Analyse des kosovarischen Gesundheitsamtes.

Nach längerer Diskussion und der Versicherung, dass der Wein für den privaten Gebrauch bestimmt sei, wurde ich dann doch durchgelassen. Unser Buchhalter – vormals Steuerinspektor -, dem ich den Vorfall erzählte, empfahl, das nächste Mal nichts zu deklarieren.

Income Generation Projects

Verschiedene Hilfswerke vergeben Gelder an bedürftige Roma zum Aufbau einer selbständigen Tätigkeit. Die Angaben über die Erfolgsquote schwanken zwischen 20 und 90 %.

In Ados Dorf haben über die Jahre vier Familien solche Projekte erhalten: Ado selbst für eine Pyjama-Näherei. Nach einer Produktionsrunde gab er auf, die chinesische Importware war billiger. H. für eine Autowaschanlage. Die lief bald nur noch, wenn H. Geld für Zigaretten brauchte. Dann war der Hockdruckreiniger kaputt und kein Geld für die Reparatur da. N. für einen Kiosk. Der lief hervorragend, bis N. seinem Sohn eine Braut kaufte und kein Geld mehr für neue Waren hatte. Und G. für einen Einachs-Traktor.

G. ist jeden Tag mit seinem Traktor unterwegs, macht Transporte, sammelt Altmetall. Auf meine Frage, wie es ihm damit gehe, antwortete er: Er arbeite, bekomme kosovarische Sozialhilfe, serbische Sozialhilfe und serbisches Kindergeld, und damit komme er gut über die Runden.

Ich selber war nach dem Krieg an einem Projekt beteiligt, das Ziegen an bedürftige Roma-Familien mit Kindern verteilte. Nach einem halben Jahr waren fast alle Ziegen weg, geschlachtet. Roma haben im Kosovo kein Landwirtschaftsland, die Beschaffung von Heuvorräten für den Winter war zu schwierig für sie. Aber ein Rom kaufte ein dutzend dieser Ziegen und schaffte sich damit eine Existenzgrundlage.

Wer lesen kann, ist im Vorteil

Im Kosovo leben 56 % der Kinder in Haushalten ohne ein einziges Buch. Im PISA-Test schnitt Kosovo von 72 teilnehmenden Ländern am drittschlechtesten ab: 77 % der fünfzehnjährigen Schüler sind funktionale Analphabeten. Die Universität Prishtina, die grösste öffentliche Universität des Landes, liegt im weltweiten Universitätsranking auf Platz 4134.

Aber auch das wird die Regierung nicht davon abbringen, das Staatsbudget mehrheitlich für den Bau von Autobahnen einzusetzen.

Sicher ist sicher

Nach dem unverschuldeten Autounfall seines Sohnes – der Unfallverursacher tippte auf seinem Smartphone und geriet auf die Gegenfahrbahn – vergewisserte sich Ado auf dem Polizeiposten, dass der Polizeirapport die Sachlage korrekt festhielt. Zur Absicherung nahm er einen befreundeten Polizisten mit. Mit gutem Grund. Dieser war auch schon von einem Polizeikollegen gebeten worden, einen Rapport zugunsten eines Freundes umzuschreiben.

Objektiv

Bei Veranstaltungen zum Thema Tourismusförderung taucht regelmässig die Forderung auf, nur lizenzierte Reiseleiter zuzulassen. Albanien, Mazedonien und Montenegro hätten diese Regelung schon. Sonst bestehe die Gefahr, dass Touristen nicht objektiv über den Kosovo informiert würden.

Dann sollten aber Touristen bei der Einreise auch daraufhin kontrolliert werden, ob sie nur objektive Reiseführer mit sich führen.

Nicht-integrierter Ausländer

Ado sagt mir, ich sei nicht integriert: Ich sei zu nett zu den Mitarbeitenden.

Anwaltsethos

Eine Mitarbeiterin, die wir während der Probezeit wegen ungenügender Leistung entlassen mussten, verklagte uns bei Gericht. Der erste Anwalt, den wir konsultierten, erklärte, wir hätten keine Chance, den Prozess zu gewinnen, da die ungenügende Leistung nicht dokumentiert sei. Und empfahl uns, diese Beweismittel nachträglich zu fabrizieren und zurückzudatieren.

Am falschen Ort 2

Wir hatten lange nach dem besten Ort für das Hotel gesucht und ihn gefunden: Natur, unverbaubare Aussicht, nahe bei Pristina. Aber in zwei Punkten hatten wir uns verrechnet.

Zwar sind 50 % unserer Tagesgäste albanischer Ethnie. Aber die meisten Albaner/innen meiden unser Hotel, weil wir in serbischem Siedlungsgebiet sind. Und da ausländische Besucher meist über albanische Kontakte ins Land kommen, erreichen wir darum auch diese oft nicht.

Bei den Online-Buchungsportalen versuchten wir wiederholt, uns unter Pristina aufführen zu lassen. Denn kaum ein Besucher sucht gezielt ein Hotel in Gracanica. Wir hatten gute Argumente: Gracanica ist erst seit 2009 eine eigene Gemeinde, aus politischen Gründen. Das Hotel liegt eigentlich am Stadtrand von Pristina, in 15 Minuten ist man bei normalem Verkehr im Stadtzentrum. Doch die Buchungsportale wiesen unsere Gesuche mit Standardantworten ab.

Vor kurzem schwenkte Booking.com unerwartet um. Seither sind unsere Buchungen auf diesem Kanal um über 200 % in die Höhe geschnellt. Jetzt versuchen wir nochmals, TripAdvisor zu überzeugen.

Gefährlicher Balkan 2

Der Kosovo ist für Touristen ein sehr sicheres Reiseland. Gefährlich ist in erster Linie der Verkehr. Doch eine unterschätzte Gefahr geht von Hochzeiten aus, bei denen regelmässig zur Feier in die Luft geschossen wird. What goes up, must come down.

Als ein Freund erzählte, er habe im Dach seines Wagens ein Schussloch entdeckt, glaubte ich noch an einen ungeheuren Zufall. Dann fand ich im Metalldach über meinem Schlafzimmer auch eines.

Auf dem Markt

Am Früchtestand fragt ein Kosovare nach dem Preis der Wassermelonen. Der Verkäufer: „15 Cent“. Eine Minute später fragt eine Ausländerin auf Englisch nach dem Preis. Die Antwort: „20 Cent“. Es lohnt sich, die Landessprache zu lernen.

Wahrheitssuche

Dass Zeugenaussagen sehr unterschiedlich sein können, ist bekannt. Aber im Kosovo ist es extrem. Ich hatte lange an der Rezeption einen Cartoon hängen, der Jesus auf dem Tempelberg zeigt mit der Sprechblase: „Hört alle genau zu! Ich möchte am Schluss nicht wieder vier Versionen haben.“ Genützt hat es – in beiden Fällen - nichts. Wenn ich versuche herauszufinden, wieso etwas schiefgegangen ist, habe ich immer mindestens so viele Versionen, wie ich Mitarbeiter befrage.

Um bei biblischen Bildern zu bleiben: Jeder wäscht seine Hände in Unschuld. Dass das im Kosovo nicht nur bei uns so ist, beweist der gute Absatz unseres T-Shirts mit dem Aufdruck „It wasn’t me“.

Scheidung nach Roma-Art

Als Ado achtzehn war, wurde er von seinem Vater verheiratet. Denn die Mutter war krank und es brauchte jemanden, der den Haushalt macht.

Die Braut hatte der Vater ausgesucht, Ado kannte sie nicht. Die Ehe war ein Desaster.

Nach drei Monaten brachte Ado seine Frau zum traditionellen Besuch zu ihrer Familie. Und holte sie nicht mehr ab.

Kosovaren und ihre Autos

Der Bürgermeister von Pristina in einem Interview: “Menschen im Kosovo haben eine besondere Beziehung zu ihren Autos. Sie sehen gerne ihr Auto, wenn sie Kaffee trinken.“ Kann man es treffender ausdrücken?

Gefährlicher Balkan

Die Neue Zürcher Zeitung schreibt über Nordirland „Das Karfreitagsabkommen von 1998 sorgte für weitestgehenden Frieden. Weitestgehend, das heisst: 2016 wurden in Nordirland nur 26 Bomben gelegt, nur 84 Menschen von Paramilitärs verprügelt oder angeschossen, nur 6 getötet.“

2016 gab es im Kosovo noch vereinzelt ethnisch motivierte Zwischenfälle, doch niemand wurde dabei angeschossen oder getötet.

Das Auswärtige Amt schreibt über den Kosovo: „Reisenden wird deshalb geraten, sich vor Reisen in den Norden von Kosovo über die Lage kundig zu machen, die Reisen umsichtig vorzubereiten, ortskundige Personen dabei einzubeziehen bzw. sich bei individuell durchgeführten Reisen von Ortskundigen begleiten zu lassen, vorsichtig zu handeln und beispielsweise größere Menschenansammlungen zu meiden.“ Andere Länder haben ähnliche Reisehinweise.

Für Nordirland sucht man derartige Warnungen vergeblich.

Autobahnen

Kosovo ist im Autobahnfieber. Zumindest die Regierung.

Die neue Autobahn von Pristina zur albanischen Grenze hat eine Milliarde Euro gekostet. 400 Millionen davon sollen Bestechungsgelder gewesen sein. Die Autobahn ist meistens leer.

Jetzt wird eine zweite Autobahn zur mazedonischen Grenze gebaut. Sie wird die Fahrtzeit nach Skopje um zehn Minuten verkürzen. Die Grenzkontrollen dauern normalerweise zwanzig Minuten, in Stosszeiten doppelt so lang.

Auf einem Zubringer ist kurz nach der Fertigstellung eine Fahrbahn abgerutscht. Auch ein Jahr danach wird der Verkehr auf die Gegenfahrbahn umgeleitet.

Auf der mazedonischen Seite gibt es bisher keine Pläne für eine Fortsetzung, es geht auf einer kurvigen zweispurigen Strasse weiter.

Bist du müde?

Leiden im Kosovo besonders viele Menschen an Schlafstörungen? Bis heute suche ich vergeblich nach einer Erklärung, weshalb hier bei der Begrüssung nach der Frage zum Wohlbefinden standardmässig die Frage kommt: „Bist du müde?“

Ein Kaffee für zehn Euro

Das Durchschnittgehalt im Kosovo liegt je nach Quelle bei 250 bis 350 €. In Deutschland sind es 3000 €. Im Kosovo kostet ein Kaffee in den Cafés der Fussgängerzone von Pristina 1 €. Umgerechnet auf deutsche Gehälter wären das rund 10 €. Trotzdem sind die Cafés stets gut besucht.

Best Practice

Das Verhältnis zwischen Albanern und Serben ist auch achtzehn Jahre nach dem Krieg schwierig.

Eine meiner Lieblingsgeschichten: Gemäss einem Zeitungsbericht benötigte eine Fabrik nach dem Krieg einen Kredit, um die Produktion wieder aufzunehmen. Ein amerikanisches Hilfswerk gewährte ihn unter der Auflage, dass alle Mitarbeiter, Serben und Albaner, weiterbeschäftigt werden. Anfangs seien in der Mittagspause die Serben auf der einen Seite der Kantine gesessen, die Albaner auf der anderen. Nach einem Jahr sassen alle an gemeinsamen Tischen.

Wie würde Kosovo heute aussehen, wenn alle internationalen Organisationen gleich gehandelt hätten?

Welcome to Plemetina

„Welcome to Plemetina“ ist der Titel eines Dokumentarfilms, den junge Roma 2003 über ihr Dorf gedreht haben. In einer Szene erzählen Kinder, was sie werden wollen: Automechaniker, Ärztin, Ingenieur oder Taxifahrer, Friseurin, Krankenschwester, Fussballspieler. Und Du weißt, sie haben keine Chance in einem Land, in dem 98 % der Roma arbeitslos sind, nur eine Minderheit die Möglichkeit hat, eine Mittelschule zu besuchen, und 2003 die meisten noch nicht mal die Grundschule abschlossen.

Unsere Alibi-Albanerin

Wir bezeichnen uns als multiethnisches Hotel, machen teilweise Werbung damit. Mit Mitarbeiter/innen aus drei Ethnien sind wir es auch.

Im Kosovo denkt man bei „multiethnisch“ allerdings zunächst an Serben und Albaner. Und da haben wir Schwierigkeiten. Ein albanischer Mitarbeiter hat uns verlassen, und seither bemühen wir uns vergeblich, offene Stellen mit jemandem albanischer Ethnie zu besetzen. Meist scheitert es an unseren Sprachanforderungen. Im Hotel sind Serbisch-Kenntnisse zwingend, und vor allem jüngere Albaner können kein Serbisch. Aber auch unser Standort in einer serbischen Enklave schreckt viele albanische Arbeitsuchende ab.

Auch darum sind wir froh, Lidija zu haben. Sie hat einen albanischen Vater und eine serbische Mutter und ist damit unsere „halbe“ Alibi-Albanerin.

Spontaneität

Kosovaren sind sehr spontan. Das hat seine schönen Seiten. Freunde besucht man jederzeit ohne Voranmeldung und wird herzlich empfangen und bewirtet.

Problematisch wird es, wenn Spontaneität auch von allen andern erwartet wird. Handwerker kommen grundsätzlich, ohne sich vorher anzumelden – Tage, Wochen oder Monate, nachdem man sie bestellt hat. Einladungen zu Veranstaltungen erhält man oft wenige Stunden vorher, gelegentlich auch erst Stunden später. Pech gehabt, wenn man gerade nicht da oder am PC ist oder die Agenda schon voll ist.

Da es im Kosovo keine funktionierende Tourismusorganisation gibt, informiere ich auf der Webseite des Hotels über die wichtigsten regelmässigen kulturellen Veranstaltungen. Kosovo hat zahlreiche Festivals, die eine Reise wert sind, darunter sieben (!) Filmfestivals.

Unser Veranstaltungskalender erscheint bei einer Google-Suche an zweiter Stelle. Ich aktualisiere ihn regelmässig mit den Daten. Aber selbst das bedeutendste Festival, das Dokumentar- und Kurzfilmfestival „DokuFest“ in Prizren, hat Ende Februar noch kein Datum für das diesjährige Festival bekanntgegeben. Bei anderen Festivals sind Daten im Internet oft erst ein, zwei Wochen vorher vorhanden.

Wer den Kosovo besuchen will, muss spontan sein. Manchmal sind auch eher hellseherische Fähigkeiten gefragt, wenn Festivals – trotz vorhandener Web- oder Facebookseite – grundsätzlich keine Daten publizieren.

„Umweltpolitik“

Im Kosovo gibt es siebzehn Jahre nach dem Krieg - davon fast acht unter internationaler Verwaltung - erst zwei Kläranlagen; die meisten Abwässer fliessen direkt in die Flüsse. Viele entsorgen ihre Abfälle in der Natur, um Entsorgungsgebühren zu sparen, ohne dass etwas dagegen unternommen würde. Im Umkreis der offiziellen Mülldeponien sind die Felder mit Abfällen übersät. Obwohl der Kosovo ideale Verhältnisse für die Produktion von Solarstrom bieten würde, gibt es keine privaten Solaranlagen, da eine Einspeiseverordnung fehlt. Die uralten Braunkohlekraftwerke vergiften weiterhin die Luft und reduzieren die Lebenserwartung gemäss WHO um fünf Jahre; ein neues, saubereres Kraftwerk ist seit siebzehn Jahren „in Planung“.

Doch die Regierung plant nun eine Umweltsteuer, die auch die Ärmsten treffen würde. Jeder, der ein Fahrzeug einlöst, soll sie bezahlen müssen. Auch wenn es uralt und lebensnotwendig ist.

Gegensätze

Die Handwerker, die die Solarheizung des Pools reparieren sollten, kamen mit acht Monaten Verspätung. Und verursachten dann gleich einen Kurzschluss in der Wärmepumpe der Erdwärmeheizung.

Unser Elektriker hingegen kam sofort und versuchte bis zwei Uhr morgens, die Pumpe wieder in Gang zu bringen, am Telefon beraten vom Heizungsinstallateur in Deutschland. Der um sieben Uhr morgens bereits einen Ersatz für die beschädigten Leiterplatten organisiert hatte, sie uns mit dem nächsten verfügbaren Flug brachte, nach seiner Ankunft um Mitternacht sogleich montierte und bis vier Uhr morgens die noch vorhandenen Fehler behob.

(Ja, den Heizungsinstallateur müssen wir jeweils aus Deutschland einfliegen Und die Kosten trugen auch in diesem Fall wir, denn der Handwerker leugnete jegliche Verantwortung. Und die Solarheizung hat inzwischen erneut den Keller geflutet. Aber wir hatten Glück, die Wärmepumpe blieb unbeschädigt…)

Englisch

Meine Mitarbeiter/innen an der Rezeption und im Service können gut Englisch – mündlich. Schriftlich produzieren einige von ihnen wunderbare Kreationen. So gab es schon Vermerke, dass die „bad shits“ (bed sheets) in die Wäscherei müssen, die dann vom „laundry gay“ abgeholt wurden. Wir hatten auch schon „pipi leaking“ (pipe leaking) in mehreren Zimmern, und dann treten regelmässig „robbers“ (rubbers) in Erscheinung.

Wer hat’s entdeckt

Murphy, der Entdecker von Murphy’s Law, muss kosovarischer Abstammung gewesen sein. Wenn hier etwas schiefgehen kann, geht es garantiert schief.

Als die Wärmepumpe für die Warmwasserversorgung kaputt ging, montierten wir als Notlösung für die Gäste bei der Personaldusche einen Boiler. Nach Ladenschluss zeigte sich, dass dieser ein defektes Ventil hatte, das eine Füllung nicht zuliess. Als das Ventil am nächsten Tag ausgewechselt war und der erste Gast duschen sollte, stellte sich heraus, dass nach der Reparatur die Heizleistung auf Minimum gestellt worden war, so dass das Wasser nur lauwarm war. Und als der Gast später duschen und vorher das Fenster öffnen wollte, fiel ihm dieses – ca. 50 kg schwer – entgegen.

Gute Nerven und ein gewisser Fatalismus sind im Kosovo hilfreich.

Mein erstes Bestechungsgeld

Der Polizist stoppte mich morgens auf der Autobahn und verkündete, ich sei 115 km/h statt der erlaubten 80 km/h gefahren. Eigentlich müsse ich dafür vor Gericht, doch er werde nur eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h aufschreiben. Das koste 35 €. Die müsse ich auf der Bank bezahlen und könne dann nach vier Uhr nachmittags meinen Führerschein wieder auf dem Polizeiposten abholen.

Ich kannte die Prozedur von einer früheren Busse, fragte aber dennoch, ob ich nicht hier bei ihm bezahlen könne, denn ich sei mit meinen Gästen unterwegs nach Albanien. Er bejahte, und ich übergab ihm 35 € - erfreut, dass mir zusätzliche Unannehmlichkeiten erspart blieben.

Er gab mir 15 € zurück.

Arbeitslosigkeit

Kosovo hat eine offizielle Arbeitslosenquote von 33 %. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 58 %.

Dennoch haben wir immer wieder Mühe, offene Stellen zu besetzen. Jüngst scheiterte ein Versuch, eine Vertretung für unsere Rezeptionistin zu finden, die einen neunmonatigen Mutterschaftsurlaub angetreten hat. Obwohl wir gute Arbeitsbedingungen und eine deutlich überdurchschnittliche Bezahlung anbieten. Hauptproblem: mangelhafte Englischkenntnisse, keine Kenntnisse der zweiten Landessprache.

Ich sage denen, die über Arbeitslosigkeit klagen: Mit guten Sprachkenntnissen findet man im Kosovo sofort eine Stelle, nicht nur bei uns. Und in einem Land, in dem fast jeder Haushalt Internet und Satellitenfernsehen hat, gibt es unbeschränkte Möglichkeiten, die Sprachkenntnisse zu verbessern.

Auch für unqualifizierte Tätigkeiten ist es oft schwierig, jemanden zu finden. Vier junge Männer, die wir dieses Jahr für das Mähen des Rasens engagiert haben, sind nur ein- bis dreimal zur Arbeit erschienen.

Andere Unternehmer berichten von ähnlichen Schwierigkeiten, Personal zu finden. Und die Handwerker, die bei uns Arbeiten ausführen sollten, vertrösten uns monatelang auf „morgen“, weil sie überlastet seien.

Einer der Handwerker erzählte mir mal diesen Witz: Vor dem Regierungsgebäude demonstrieren dreitausend Kosovaren für Arbeitsplätze. Ein „Schatzi“ – so heissen hier die Kosovaren, die im Ausland arbeiten – spricht einen der Demonstranten an: „Ich brauche einen Mitarbeiter für mein Restaurant in München. Du könntest sofort anfangen.“ Der antwortet: „Hier demonstrieren dreitausend Menschen, und du fragst mich?!“

Aber in den 80er Jahren ergab eine Umfrage bei den Schweizer Arbeitgebern, dass Kosovaren die beliebtesten Mitarbeiter sind, da sie hart arbeiten. Kosovaren erklären das mit den höheren Löhnen in der Schweiz. Aber die Gründe sind sicher vielschichtiger.

Briefmarken kaufen

Kürzlich wollte ich auf der Hauptpost in Pristina Briefmarken fürs Hotel kaufen. Auf der Postfiliale in Gračanica bekommt man sie nur auf Bestellung. Es war Mittagszeit, zwei Schalter waren besetzt. Ich erklärte der Postangestellten, ich bräuchte hundert Briefmarken mit auf das Hotel ausgestellter Quittung – ohne diese akzeptiert die Steuerbehörde die Ausgabe nicht. Sie antwortete, der Manager sei in der Mittagspause, und nur er könne das. Kosovaren sind sehr zuvorkommend: Ihr Kollege versuchte mehrmals, den Manager telefonisch zu erreichen, vergeblich. Schliesslich wurde mir beschieden, ich solle nach halb zwei wiederkommen.

Politik auf dem Rücken der Bevölkerung

Serbien betrieb im Kosovo nach dem Krieg noch viele Jahre lang – teilweise auch heute noch – staatlichen Einrichtungen, von Schulen und Spitälern bis zu Polizeiwachen. Obwohl Kosovo bis 2008 unter UNO-Verwaltung stand und seither ein unabhängiger Staat ist. Eine Unabhängigkeit, die allerdings von Serbien und vielen anderen Staaten nicht anerkannt ist.

Die serbischen „Parallelinstitutionen“ waren schon der UNO-Verwaltung ein Dorn im Auge. Für die albanische Mehrheitsbevölkerung sind sie schlicht illegal. Doch für die Kosovo-Serben und viele Roma waren sie die normalen Ansprechpartner. Meistens, weil nur serbische Dokumente eine kostenlose ärztliche Behandlung, den Schulbesuch oder ungehinderte Reisen nach Serbien erlaubten. Serben oft auch aus ideologischer Überzeugung.

Als Ado und Hisen vor Jahren noch ausschliesslich serbische Führerscheine hatten, machte ihnen die kosovarische Polizei regelmässig Probleme. Heute haben sie alles doppelt: Führerscheine, Geburtsurkunden, Identitätskarten, Pässe. Angesichts der balkanischen Bürokratie ein enormer Zeitaufwand.

D. stammt aus Bosnien und lebt seit dreizehn Jahren im Kosovo. Mit ihrem kosovo-serbischen Ehemann hat sie vier Kinder, das älteste zwölf Jahre alt. Geheiratet haben sie, wie das im Kosovo oft vorkommt, erst 2010, als das erste Kind in den Kindergarten sollte. Auf dem serbischen Standesamt, einer dieser Parallelinstitutionen.

Ein paar Jahre später wollte D. wieder arbeiten. Weil der kosovarische Staat auch im serbischen Siedlungsgebiet seinen Machtanspruch immer stärker durchsetzt, beantragte sie eine kosovarische Aufenthaltsbewilligung. Die ihr als Ehefrau eines kosovarischen Staatsbürgers natürlich zusteht. Bloss: ihre Eheschliessung war aus kosovarischer Sicht ungültig.

Naheliegend wäre gewesen, die Eheschliessung auf einem kosovarischen Standesamt nachzuvollziehen. Doch für die erneute Eheschliessung wäre eine bosnische Ledigkeitsbescheinigung erforderlich, und für die bosnischen Behörden war sie bereits verheiratet. Bosnien ist einer der Staaten, die die Unabhängigkeit Kosovos nicht anerkannt haben.

Die Fremdenpolizei verlangte daher von D., dass sie sich von ihrem Mann scheiden lasse, um ihn dann auf dem kosovarischen Standesamt erneut zu heiraten.

Kein Meer

An einer Podiumsveranstaltung zum Thema Tourismus fragte eine Schweizer Freundin den Tourismusverantwortlichen des Ministeriums, was er zur Förderung des Tourismus plane. Er winkte bedauernd ab: Kosovo habe kein Meer, da könne man nicht viel tun.

Sie gab ihm recht: Die Schweiz habe auch kein Meer und darum keine Touristen.

Der Vorteil: Auf den kosovarischen Wanderwegen ist man allein.

Geldvernichtungsmaschine

Roma kaufen die Bräute für ihre Söhne, für vier- bis fünfstellige Beträge. Dazu kommen die Kosten für den Ausstattung der Braut mit Goldschmuck und Kleidern und die Hochzeitsfeier.

N. hatte einen gutgehenden Kiosk. Dann gab er sein ganzes Geld für die Verheiratung seines - dreizehnjährigen - Sohnes aus, so dass nichts für den Wareneinkauf blieb. Seither steht der Kiosk leer.

M. hatte gut mit dem Verkauf seiner Bilder verdient. Dann verheiratete er seinen Sohn und konnte die Miete nicht mehr bezahlen.

E. hat ein Gehalt, das für ein anständiges Leben reicht. Seit er geheiratet hat, geht die Hälfte davon für die Rückzahlung der Darlehen drauf.

Eine Braut ist billig, wenn sie nicht mehr Jungfrau ist. Darum „stehlen“ viele junge Roma ihre Bräute, mit deren Einverständnis. Der Brautpreis, der danach in langen Verhandlungen ausgehandelt wird, ist meist immer noch vierstellig. Er reflektiert aber nicht mehr den Handelswert der Braut, sondern stellt ein Versöhnungsgeld dar. Wird es nicht bezahlt, wird die Braut aus ihrer elterlichen Familie ausgestossen.

Bei B. lief es anders. Als er die letzte Rate nicht bezahlen konnte, holte der Vater die Braut zurück und verheiratete sie an einen andern.

Investitionsförderung 2

Wir hatten in den letzten zwölf Monaten acht Inspektionen im Hotel: Gesundheitsinspektoren, Inspektoren vom Arbeitsamt, die Fremdenpolizei und Steuerprüfer.

Die unsinnigste Forderung: DDD. Das Kürzel steht für „Disinfection, Disinsectification and Deratisation“. Die Mitarbeiter der Firma, die wir dafür beauftragen mussten, sprayten im Garten Gift gegen Stechmücken und im Haus gegen Fliegen, bewehrt mit Gasmasken und in weissen Schutzanzügen – ein Anblick wie aus einem Science-Fiction-Film. Nach zwei Tagen hatten wir genausoviele Stechmücken und Fliegen wie vorher.

Jetzt wissen wir, dass das DDD-Zertifikat auch einfach gegen Bezahlung erhältlich ist, ohne Giftbehandlung.

Ein Bekannter, der in einem renommierten Hotel – im Besitz einer einflussreichen Familie - in Pristina arbeitet, reagiert überrascht auf meine Frage nach Inspektionen. Sie hätten in den letzten drei Jahren keine einzige Inspektion gehabt.

Alte und neue Korruption

Meine frühere Dolmetscherin erklärte, es gebe im Kosovo die „alte“ Korruption der LDK-Politiker und die „neue“ Korruption der Ex-UCK-Politiker. Sie ziehe die alte vor.

Dani

Morgen kommt Dani zurück. Wir haben ihn sehr vermisst. Ein Jahr lang war er mit seiner querschnittgelähmten Tochter in Deutschland, als Asylsuchender. Aber auch dort konnte nichts für sie getan werden.

Bis zum Krieg arbeitete Dani in der Nationalbibliothek, holte Bücher aus dem Regal und stellte sie zurück. Er ist der einzige in der Familie, der liest, wenn er eine Zeitung findet. Bei Festen beginnt er nach ein paar Gläsern Schnaps zu singen. Manchmal tanzt er auch.

Sein Gehalt in der Nationalbibliothek reichte nicht aus, um sich ein Haus zu bauen. In den Sommerferien fuhr er nach Italien und bettelte dort. Sein kleines Häuschen hat er mit dem Bettelverdienst gebaut. Vielleicht hat er darum so viel eingenommen, weil er in seinem ganzen Auftreten direkt einem Kusturica-Film entsprungen sein könnte. Ich habe mir darum schon überlegt, ihn als Bademeister einzustellen.

Unsere Mineralwasserquelle

Viele kommen, um am artesischen Mineralwasserbrunnen in unserem Garten Flaschen abzufüllen. Seit zwei Fernsehberichten über das Wasser gibt es manchmal sogar Warteschlangen. Denn das aus 120 Meter Tiefe sprudelnde Wasser schmeckt nicht nur, sondern heilt Beschwerden von Sodbrennen bis zu chronischer Gastritis und Zwölffingerdarmgeschwüren. So berichten zumindest die Betroffenen.

Wir werden immer wieder gefragt, wieso wir das Wasser nicht abfüllen und verkaufen. Doch wir haben das Wasser nicht gepachtet, und im Kosovo wird jede Geschäftsidee sofort kopiert. Hätten wir Erfolg, würden gleich fünf andere nach dem Wasser bohren.

Da ist es doch viel schöner, der islamischen Tradition zu folgen. Das Bauen eines öffentlichen Brunnes gilt als „Sevap“, als gute Tat, die nach dem Tod belohnt wird.

Bürokratie 2

Auf der Fremdenpolizei warte ich vierzig Minuten, bis mir jemand die Liste der Dokumente gibt, die ich für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einzureichen habe. Darunter eine Bestätigung, dass ich nicht verurteilt bin und kein Verfahren gegen mich hängig ist. Bei der ersten Vorsprache auf dem Polizeiposten wird mir beschieden, dass der zuständige Beamte nur bis halb vier Uhr arbeite. Bei der zweiten Vorsprache füllt der Beamte umständlich zwei Formulare aus und erklärt, ich könne die Bestätigung am nächsten Tag abholen. Für meine Frage, ob sie hängige Verfahren und Verurteilungen umfasse, will er mich zuerst an die Fremdenpolizei zurückverweisen, überlegt dann aber und erklärt, ich benötige auch eine gerichtliche Bestätigung. Diese könne ich auf dem Gericht in Gracanica oder im Justizpalast in Ajvali beschaffen. Das Gericht in Gracanica ist näher, doch dort lautet der Bescheid, sie stellten keine solchen Bestätigungen aus, ich müsse zum Justizpalast. Beim Justizpalast werde ich von einem Eingang zum nächsten verwiesen, bis ich endlich die Auskunft erhalte, der Antrag für Strafregisterauszug könne nur von neun bis zwölf Uhr eingereicht werden. Am folgenden Tag zwischen zwei und drei Uhr könne ich ihn abholen.

Das sind nur die ersten von insgesamt sechzehn Vorsprachen bei Behörden und Banken, die für die jährliche Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung nötig sind. Für kosovarische Verhältnisse finde ich das eigentlich völlig harmlos. Aber an mich als ausländischen Investor werden ja auch erleichterte Anforderungen gestellt.

Gratiskultur

Auf der Tourismusmesse in Pristina reichten fünf Minuten Abwesenheit, dass alle bedruckten T-Shirts, die wir an unserem Stand ausgestellt hatten, verschwunden waren. Auch die Speisen, die unsere Köchinnen in der Schauküche der Tourismusmesse kunstvoll zubereitet hatten, waren innert zwei Minuten weg. Eine Autorin erzählt, dass nach ihrer Lesung alle aufgelegten Bücher einfach mitgenommen wurden. Ob es eine Folge der Milliarden an internationaler Hilfe ist, die nach dem Krieg in den Kosovo geflossen ist?

Gewissensentscheidung

Kein kosovarischer Politiker interessiert sich für die missliche Lage der Roma. Ausser vor den Wahlen. Da strömen die Vertreter der Parteien in die Wohnviertel der Roma und kaufen deren Stimmen mit Speiseöl, Brennholz und Holzherden. Die OSZE, deren Wahlbeobachter davon Kenntnis haben, bezeichnet die Wahlen dennoch mit schöner Regelmässigkeit als frei und fair.

Bei den ersten Wahlen nach der Unabhängigkeit nahm Ado „Geschenke“ von allen Parteien. Und wählte dann, wie er erklärt, nach seinem Gewissen.

Jetzt müssen die gekauften Wähler ihre Stimmabgabe mit dem Mobiltelefon dokumentieren.

Ich! Ich! Ich!

Nach dem Krieg fielen die Verkehrsampeln wegen Stromunterbrüchen regelmässig aus. In Pristina drängten dann regelmässig die Autos von vier Seiten auf die grossen Kreuzungen, bis sie völlig ineinander verkeilt waren. Es konnte eine halbe Stunde dauern, bis sich wieder etwas bewegte.

Heute funktionieren die Verkehrsampeln. Aber wenn sich wegen einer Baustelle oder einem Unfall der Verkehr staut, dauert es nur wenige Minuten, bis der erste sich auf der Gegenspur vordrängelt. Wenn es Seitenstreifen gibt, können sich Autos auch auf vier Spuren auf eine einspurig befahrbare Baustelle mit Gegenverkehr zubewegen.

Korruption light

Der Leiter einer NGO erzählt, dass er, um Gerichtsfälle zu regeln, dem Anwalt überhöhte Honorare bezahle, wohlwissend, dass ein Teil an die Richter gehe.

Im Kosovo mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern sind bei den Gerichten 400‘000 Verfahren hängig. Auch unsere Klage gegen die Steuerbehörde, seit über zwei Jahren. Dank der Aufforderung des Gerichts, eine Fallgebühr zu bezahlen, wissen wir, dass der Anwalt die Klage tatsächlich eingereicht hat. Aber auf meine wiederholten Fragen, ob sich das Verfahren beschleunigen lasse, antwortet er nie. Vielleicht käme ich auch in Versuchung.

Fortschritt 2

Als Fussgänger hat man’s im Kosovo schwer. Dolen-Deckel werden wegen ihres Altmetallwerts regelmässig gestohlen, so dass man nachts sehr aufpassen muss, wo man hintritt. Autofahrer sind überzeugt, dass Bürgersteige zum Parken da sind. In Pristina schleppte die Polizei regelmässig solchermassen geparkte Autos ab, doch an der allgemeinen Situation änderte sich nichts.

Um dem Problem Herr zu werden, wurden unter dem neuen Bürgermeister im Zentrum von Pristina entlang der Bürgersteige Metallpfosten einbetoniert. Seither parken die Autos auf der rechten Fahrspur.

Sisyphus

SEO, Search Engine Optimization, ist das Zauberwort: Das muss man angeblich beherrschen, wenn man bei Google und Konsorten vorne landen will. Es heisst, die meisten Nutzer schauten nur die erste Seite von Suchresultaten an.

Ich sass immer wieder stundenlang vor dem Computer, um den geheimnisvollen Algorhythmen von Google zu gefallen. Trotzdem rutschte die Webseite des Hotels, wenn man nach Hotels in Pristina suchte, von der zweiten statt auf die erste auf die dritte und später sogar auf die fünfte Seite. Irgendwann gab ich auf.

Dann war plötzlich Hotel Gracanica das erste Hotel in den Suchresultaten. Die Freude währte eine Woche, und wir waren wieder weit hinten.

„Gypsy Culture“

Da bemüht man sich jahrelang, den Mitarbeitenden etwas westeuropäische Kultur nahezubringen, freut sich an den kleinen Erfolgen, und dann das: Innert einer Woche heiraten zwei junge Mitarbeiter siebzehnjährige Mädchen, die nun wahrscheinlich die Schule abbrechen werden. Als ich meinen Ärger zum Ausdruck bringe, erhalte ich die lakonische Antwort: „That’s Gypsy culture.“

Roma-Protest

Zum internationalen Roma-Tag am 8. April 2015 sollte vor dem Regierungsgebäude in Pristina eine grosse Roma-Kundgebung stattfinden, um gegen die andauernde staatliche Diskriminierung zu protestieren. Es kamen gerade mal ein Dutzend Roma.

B.I. berichtet, seine Mutter habe ihn vor einer Teilnahme gewarnt: Es sei viel zu gefährlich, als Rom öffentlich aufzubegehren.

B.I. ist wohl der prominenteste Roma-Aktivist im Kosovo. Er war lange Berater des Premierministers in Minderheitenfragen und leitet heute eine erfolgreiche Roma-Organisation.

So wenig Zeit

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Roma im Kosovo beträgt circa sechzig Jahre, zehn Jahre weniger als diejenige der Mehrheitsbevölkerung. Rund die Hälfte der Roma stirbt in einem Alter von vierzig bis sechzig Jahren an Krankheiten.

Vielleicht heiraten Roma deshalb so jung.

Der Parkwächter

Parkplätze sind rar in Pristina, und wer immer ein unbebautes Grundstück hat, macht einen Parkplatz daraus, auf dem man für einen Euro sein Auto abstellen kann.

Jahrelang habe ich immer auf demselben Parkplatz in Pristina parkiert und mit dem schon etwas älteren Parkwächter manchmal ein paar Worte gewechselt. Eines Tages traf ich ihn in einem schicken Berghotel mit einer Begleiterin, und kurz darauf wurde auf dem Parkplatzgelände mit dem Bau eines grossen Gebäudes begonnen.

Seither frage ich mich, ob der Parkwächter in Wahrheit der Besitzer des Geländes ist und den Bau mit den Parkgeldern finanziert hat.

Hotel-Gesetz

Gemäss dem Gesetz über Hotel- und touristische Aktivitäten wird das Hotel mit 500 bis zu 9000 € u.a. gebüsst, wenn es ohne entsprechende Lizenz Touren oder touristisches Informationsmaterial anbietet, Souvenirs oder Tickets für Museen oder Veranstaltungen verkauft, keine Hausordnung hat oder diese nicht auszugsweise in allen Zimmern auflegt, die Zimmerpreise nicht dem Ministerium zur Genehmigung vorlegt, kein vorschriftsgemässes Beschwerdebuch führt oder Mahlzeiten oder Getränke anbietet, die es nicht selber hergestellt hat. Im Wiederholungsfall wird das Hotel für ein Jahr geschlossen.

Bei den bisherigen Inspektionen wurden uns zwar unsinnige Vorschriften gemacht, aber keine Bussen auferlegt. Falls sich das ändert, müssen wir vielleicht Cola, Bier und Wein selber herstellen.

Wunderbares Pristina

Eröffnung des Festivals „Kunst im öffentlichen Raum“. Die „Prishtina Brass“-Band zieht musizierend über die Mutter-Theresa-Avenue, jugendliche Artisten schlagen Saltos. Beim anschliessenden Jazz-Konzert mit auf der Bühne: ein kleiner Roma-Junge mit seiner Trommel, die er so virtuos bearbeitet, dass er den grössten Applaus erntet. Ilir Bajri, der grossartige Jazz-Pianist und unermüdliche Organisator des Prishtina Jazz Festivals, hat ihn auf der Strasse entdeckt und gefördert.

Catch 22

Ich hatte mich gerade in der Schweiz abgemeldet und für den Bau des Hotels mit meinen Partnern eine Firma nach kosovarischem Recht gegründet, da wollte ich im Kosovo eine Aufenthaltsbewilligung beantragen. Auf der Fremdenpolizei bekam ich die Auskunft, für eine Aufenthaltsbewilligung benötige ich eine Arbeitsbewilligung, für eine Arbeitsbewilligung einen Arbeitsvertrag, für die Ausstellung eines Arbeitsvertrags müsse das Hotel eine Betriebsbewilligung haben und für die Betriebsbewilligung müsse das Hotel erst mal gebaut und abgenommen sein.

Keine Antwort erhielt ich auf die Frage, wie ich das Hotel bauen solle, ohne im Land zu sein.

Eine Schweizer Freundin, die in vier Jahren mehr für den Tourismus im Kosovo getan hat als das für Tourismus zuständige Ministerium in fünfzehn Jahren, wurde kürzlich fristlos des Landes verwiesen, da es ihr nicht gelungen war, eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten.

Kollaborateure

Hisen stammt ursprünglich aus Pomazatin, einem ethnisch gemischten Dorf in der Nähe des Flughafens. Nach dem Krieg wurde das Haus der Familie zerstört. Wie seiner Familie erging es den meisten Roma im Kosovo. Sie wurden pauschal der Kollaboration mit den Serben beschuldigt und vertrieben.

Ich habe in meiner Zeit als Flüchtlingsattaché zahlreiche solcher Fälle abgeklärt. In einem einzigen Fall waren die Vorwürfe konkret und durch Zeugen bestätigt.

Bevor ich Hisen als Dolmetscher einstellte, habe ich auch in seinem Dorf Nachforschungen angestellt. Ich wollte keinen Kollaborateur beschäftigen. Ehemalige Nachbarn bestätigten, dass er nicht ins Dorf zurückkehren könne, da die Familie mit den Serben kollaboriert habe. Ich fragte alle nach konkreten Anschuldigungen, niemand wusste etwas. Schliesslich fand ich einen Dorfbewohner, der berichtete, ein Cousin von Hisen habe den serbischen Paramilitärs die albanischen Häuser gezeigt. Der Cousin sei vermummt gewesen, doch er habe ihn an seiner Stimme erkannt.

Hisen lebt heute, 16 Jahre nach dem Krieg, noch immer auf kleinstem Raum im Haus seines Schwiegervaters in einem Dorf in der serbischen Enklave Gračanica. Seine wiederholten Bemühungen, eine der zahlreichen für Vertriebene errichteten Wohnungen zu erhalten, waren stets erfolglos. Einmal sagte ihm der zuständige serbische Beamte offen, diese Wohnungen seien nur für Serben.

Ehemalige albanische Nachbarn sagen ihm jetzt, er könne zurückkehren, er sei willkommen, doch er traut dem Frieden nicht. Kürzlich hat er das Grundstück mit dem zerstörten Haus für einen Spottpreis verkauft.

RAE

Im Kosovo gibt es nicht bloss Roma, sondern daneben noch Ashkali und Ägypter: Roma, die ihre ursprüngliche Muttersprache, Romanes, verloren haben und Albanisch sprechen. Ihre politischen Führer behaupten zwar, sie hätten nichts mit den Roma zu tun und stammten ursprünglich aus dem Iran bzw. Ägypten, nicht wie die Roma aus Indien. Es gibt indes auch Familien, da waren die Eltern noch Roma und die Kinder, die nicht mehr Romanes können, bezeichnen sich als Ashkali.

Die "Internationale Gemeinschaft" fasst die drei Gruppen als "RAE", "Roma, Ashkali and Egyptians", zusammen. Dies soll wohl politisch korrekt sein.

Vor dem Krieg bezeichneten sich Ashkali und Ägypter oft als Albaner, obwohl sie an ihrer Hautfarbe meist als Roma erkennbar waren. Das haben sie mit den "serbischen" Roma gemeinsam, die im Gegensatz zu den muslimischen "RAE" serbisch-orthodox sind und sich selbst als Serben bezeichnen.

"Magjup" ist die oft despektierlich gemeinte Fremdbezeichnung aller Gruppen durch die Albaner - und, ebenso wie das englische "Gypsy", mit dem Wort "Ägypter" verwandt.

Alles etwas kompliziert? Einmal fragten wir eine dunkelhäutige Kosovarin, was sie denn nun sei, Ashkali, Ägypterin oder Romni. Sie schaute uns unschlüssig an und sagte dann: "Magjup".

Europa

Wenn Kosovaren von Europa sprechen, meinen sie in der Regel Westeuropa: "In Europa ist es so und so - nicht wie im Kosovo." Implizit drücken sie damit aus, dass Kosovo auf einem anderen Kontinent liegt.

Vielleicht haben sie ja recht.

Am falschen Ort

Kürzlich sagte mir - nicht zum ersten Mal - ein Besucher, das Hotel sei wunderschön, doch am falschen Ort.

Wir haben zwei Jahre intensiv nach dem besten Ort für das Hotel gesucht, und ihn gefunden. Die Aussicht ist einmalig in der Umgebung von Pristina und unverbaubar. Das Kloster Gračanica, UNESCO-Weltkulturerbe, und die Ausgrabungen von Ulpiana, einst eine der grössten römischen Städte auf dem Balkan, sind in Fussdistanz. Das Zentrum von Pristina ist in 15 Minuten erreichbar, der Flughafen in 25 Minuten. Der Smog der Braunkohlekraftwerke dringt nicht bis hierher. Man hört kaum Lärm, nur das Quaken der Frösche und den Gesang der Nachtigallen.

Aber für viele Kosovo-Albaner werden wir immer am falschen Ort sein. Gracanica ist mehrheitlich serbisch.

Geschäftsideen

Die Geschichte habe ich erstmals in der Türkei gehört: Jemand eröffnete eine Fabrik für Tomatenkonserven und hatte Erfolg damit. Daraufhin machten fünf andere ebenfalls Fabriken für Tomatenkonserven auf, bis alle Konkurs gingen.

Auch im Kosovo kommen die Geschäftsideen in Wellen. Es begann nach dem Krieg mit Tankstellen und Autowaschanlagen, es folgten Cafés und Restaurants, Schwimmbecken, Supermärkte, Möbelhäuser, Einkaufzentren.

Wer wenig Geld hatte, eröffnete einen Quartierladen. In vielen Strassen gibt es alle fünfzig Meter einen davon, jeder mit der gleichen kärglichen Auswahl. Eine Freundin ging einmal mit einem Fragebogen von Laden zu Laden. Eine Frage lautete: "Was zeichnet ihren Laden aus? Weshalb sollen Kunden in ihren Laden kommen und nicht in den nebenan?"

Morgen

Morgen ist das Wort, das wir von Handwerkern und Lieferanten am häufigsten hören. Für denselben Auftrag schon mal monate- oder jahrelang.

Als mögliche Erklärung gilt, dass es unhöflich sei, eine abschlägige Antwort zu geben. Darum kann es riskant sein, einen Einheimischen nach dem Weg zu fragen. Auch wenn er keine Ahnung hat, wird er einen irgendwohin schicken.

Bei einem Lieferanten warteten wir zwei Jahre lang auf die bestellten und angezahlten Möbel aus Italien. Jedesmal, wenn wir anriefen, erzählte er, sie würden am nächsten Tag eingeladen oder an der Grenze sein. Sie müssen hundertmal ein- und wieder ausgeladen worden sein. Irgendwann wollten wir nur noch unsere Anzahlung zurück. Die Rücküberweisung sollte jeweils morgen erfolgen. Und dann waren plötzlich die Möbel da.

Flugzeugabsturzgefahr

Die römische Stadt Ulpiana wurde 518 durch ein Erdbeben zerstört, das 70 km entfernte Skopje 1963, und 2002 gab es bei einem Erdbeben im nahen Gjilan einen Toten und zahlreiche Verletzte. Im Hotel sind darum 98 Tonnen Eisenarmierungen verbaut.

Um das Hotel gegen Erdbebenschäden versichern zu können, mussten wir aber zuerst eine teure Grundversicherung gegen Blitzschäden und Flugzeugabstürze abschliessen.

Für die gewünschte Zusatzversicherung gegen fahrlässig verursachte Schäden war die österreichische Muttergesellschaft anzufragen.

Feindesland

In der Türkei mussten türkische Staatsangehörige früher eine hohe Ausreisesteuer bezahlen, wenn sie ihre griechischen Nachbarn besuchen wollten. Serbien liess Kosovaren mit kosovarischen Ausweisen oder Nummernschildern lange gar nicht einreisen. Kosovo begnügt sich wegen der in Serbien ansässigen Albaner mit einer an der Grenze abzuschliessenden überrissen teuren Autohaftpflichtversicherung.

Bekanntlich ist Fremdenfeindlichkeit dort am stärksten, wo es am wenigsten Fremde gibt. Was würde wohl geschehen, wenn Reisen ins Feindesland erleichtert würden?

Ehre

Wir hatten das Hotel ursprünglich mit einem anderen Architekten geplant, dem Freund seit Schulzeiten unseres besten Freundes. Als er mir einen Voranschlag für seine Leistungen schickte, der doppelt so hoch wie der ursprüngliche war, stellte ich ihm dazu ein paar Fragen. Er fühlte sich in seiner Ehre verletzt und kündigte die Zusammenarbeit. Um des Friedens willen zahlten wir eine hohe Abfindung. Unser bester Freund brach trotzdem den Kontakt zu uns vollständig ab.

Im Hotel haben wir grossartige Mitarbeiter, und ich möchte keinen von ihnen missen. Aber der Aufwand, der immer wieder in die Lösung von Konflikten fliessen muss, ist enorm. Hintergrund sind oft Fragen der Ehre.

Schengen

Als die Schweiz noch nicht Mitglied von Schengen war, konnte die Botschaft Kosovaren - Geschäftsleuten, Akademikern, Politikern -, die ihr bekannt oder von vertrauenswürdigen Personen empfohlen waren, Visa ohne grosse Formalitäten ausstellen. Seit Schengen sind die Bedingungen für alle gleich. Jeder muss sich in die Warteschlange einreihen, ein dutzend Dokumente beschaffen und wochenlang warten. Eine Prozedur, die von vielen, gerade auch Geschäftsleuten, als erniedrigend empfunden wird, so dass sie lieber auf eine Reise verzichten. Gleichzeitig fliessen grosse Summen in die Wirtschaftsförderung.

10'000 Tote

Einer, der in Rambouillet dabei war, erzählte mir von einem Gespräch mit den Amerikanern. Auf die Bitte um Intervention hätten sie geantwortet, unter 10'000 Toten laufe nichts. Daraufhin habe die UCK ihre Taktik geändert.

Es gäbe noch viele andere böse Geschichten. Aber die wären geschäftsschädigend.

Hotelauslastung

Gemäss offizieller Statistik hatten die 105 registrierten Hotels im Kosovo im letzten Quartal 2014 eine Auslastungsquote von 10.5 % - und trotzdem geht wunderbarerweise kaum eines bankrott. Ein erfolgreicher Restaurantbesitzer erzählte uns, dass er maximal 20 % seiner Einnahmen deklariere. Ob es wohl Wege gäbe, die Steuereinnahmen zu erhöhen?

Südseite

An unserer Strasse haben die meisten Häuser die Terrasse auf der Nordseite, zur Strasse hin. Man könnte ja etwas verpassen. Unsere Terrasse liegt auf der Südseite mit Aussicht über Felder und Hügel. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir kaum Gäste aus Gračanica haben.

Sehschärfe

Wir hatten Jovanka schon mehrmals gesagt, sie solle sich, auf Kosten des Hotels, eine Brille verschreiben lassen. Als sie die Terrasse geputzt und dabei Glasscherben übersehen hatte, war klar, dass Handlungsbedarf besteht. Hisen brachte sie persönlich zum Augenarzt. Die Untersuchung ergab 2,5 Dioptrien auf dem rechten Auge, 4,5 auf dem linken. Ihr Kommentar, als sie erstmals mit der neuen Brille zur Arbeit kam: Jetzt müsse sie ja viel mehr putzen!

Doppelbelastung

Nun hat auch Lidija eine Vollzeitstelle bei der Gemeinde angeboten bekommen, denn sie spricht perfekt Albanisch und Serbisch. Auf ihren Einwand, sie habe bereits eine Stelle, bekam sie zur Antwort, das sei kein Problem. Auf der Gemeinde müsse sie nur dasitzen und ab und zu ein Telefon abnehmen.

Kosovo oder Serbien?

Kosovo hat sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien anerkennt die Unabhängigkeit nicht. In Gracanica gibt es ein kosovarisches und ein serbisches Postamt.

Weil Postsendungen aus dem Ausland uns regelmässig nicht erreichen, haben wir als Test schon mehrmals zwei Postkarten gleichzeitig ans Hotel schicken lassen, eine mit Adresse Kosovo, eine mit Adresse Serbien. Bisher sind immer nur die Postkarten mit Adresse Serbien angekommen.

Roma-Rückführungen

Vor dem Krieg lebten 130'000 Roma im Kosovo, jetzt sind es noch 30'000. Wenn Deutschland Rückführungen plant, kommt es regelmässig zu Protesten. Nur Ado sagt jedem, der ihn fragt: "Schickt alle zurück!" Er vermisst seine Verwandten.

Balkan

Hisen's Schwester Fatima lebte bei ihrem Mann in Kroatien. Als ihr serbischer Pass ablief, konnte sie ihn nicht auf der Botschaft erneuern und musste Kroatien verlassen. Bis sie die Hürden für einen neuen serbischen Pass überwunden hatte, dauerte es eineinhalb Jahre, die sie getrennt von ihrem Ehemann bei Hisen und anderen Verwandten verbrachte. Einen kosovarischen Pass hätte sie innert Wochen erhalten, doch da sie mit serbischen Dokumenten geheiratet hatte, wollten ihn die kroatischen Behörden für die Familienzusammenführung nicht akzeptieren.

Prioritäten

Kosovo ist eines der ärmsten Länder Europas. 50 % der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Die Arbeitslosenquote unter den Jungen liegt bei über 50 %. Alle wollen auswandern, doch nur die Bestausgebildeten haben eine legale Chance.

Pro Kopf der Bevölkerung gibt es 0.63 Bücher in öffentlichen Bibliotheken. Doch unser Architekt - der das Hotel gebaut hat - fand keine staatliche Unterstützung für sein Projekt, in jeder Schule des Landes eine Schulbibliothek einzurichten. Es hätte wenige Millionen gekostet. Stattdessen wurde für eine Milliarde eine Autobahn gebaut.

Krankenversicherung

Meine Schweizer Krankenversicherung lehnte es ab, mich nach meinem Wegzug ins Ausland weiter zu versichern. Obwohl ich immer nur einbezahlt und nie eine Leistung bezogen hatte, war ich offenbar ein zu grosses Risiko.

Seit neuestem habe ich eine kosovarische Krankenversicherung, weil das für die Aufenthaltsbewilligung erforderlich ist. Die Jahresprämie beträgt 25 €, im Krankheitsfall werden Kosten bis zu 50 € erstattet.

Ein Sohn

Als Hisen's Tochter zur Welt kam, gab's eine grosse Feier. Nach vielen Flaschen Wein wurde spätabends beschlossen, Mutter und Kind in der 120 km entfernten Gebärklinik zu besuchen. Den Polizisten, die das Fahrzeug anhielten, flunkerte Hisen vor, ihm sei sein erster Sohn geboren worden. Sie mahnten zur Vorsicht und liessen weiterfahren.

Jugoslawien

Als wir das Hotel eröffneten, kauften wir in weiser Voraussicht zwanzig Pakete Kaffeefiltertüten. Der Vorrat war fast aufgebraucht, als unser Supermarkt endlich wieder Filtertüten führte.

Bei einem Urlaub in Kroatien vor einigen Jahren gab es in der Ferienwohnung eine Kaffeefiltermaschine, aber keine Filtertüten in den Läden. Unsere Vermieterin konnte uns mit importierten Filtertüten aushelfen.

Drei Kinder

Die Fremdenpolizei beschlagnahmte mir wegen einer geringfügigen Fristüberschreitung gleich den Pass. Am nächsten Tag auf dem Polizeiposten wurde mir eine Busse auferlegt. Ein Administrativverfahren sei eröffnet, und das müsse angesichts der Fristüberschreitung mit einer Busse abgeschlossen werden. Mein Ärger verging, als der Polizeioffizier erklärte, er habe drei Kinder; wenn er keine Busse verhänge, werde er Probleme bekommen.

Schweizer Neutralität

Wir wollen ein Hotel für alle sein, Albaner wie Serben, und haben darum im Hotel-Logo das albanische "ç" und das serbische "č" zu einem Buchstaben zusammengefügt. Wir achten sehr darauf, dass nichts im Hotel als Parteinahme gedeutet werden kann, von den Stellenausschreibungen über die Buchauswahl in unserer Bibliothek bis zu den Farben der Kelims.

Sollen wir es als Erfolg betrachten, dass wir auf unserer Facebook-Seite immer wieder nationalistische Provokationen von beiden Seiten erhalten?

Uns wird immer wieder zugetragen, dass Leute nicht oder nur widerwillig kommen, weil wir zu serbisch oder zu albanisch seien. Aber wir sind der kosovarischen Präsidentin dankbar, dass sie ein Mittagessen für das diplomatische Korps bei uns ausgerichtet hat.

Falsches Misstrauen

Die Zimmertüren im Hotel werden mit magnetischen Schlüsselkarten geöffnet. Am Computer kann man überprüfen, wer wann eine Zimmertüre geöffnet hat. Geplant haben wir dieses System in der Bauphase, weil wir Diebstähle durch Mitarbeiter bereits im Ansatz verhindern wollten.

Heute wissen wir: Unseren Mitarbeitenden können wir blind vertrauen. Der Gewährleistungsgarantie der Firma, die uns das Schliesssystem verkauft hat, hätten wir besser nicht vertraut.

Hightech und Kosovo sind unverträglich. Aber wenn ein Türschloss wieder mal blockiert, ist Hisen inzwischen Meister darin, einen zu einer Schlaufe geformten festen Draht durch den unteren Türabschluss zu pressen und damit blind die innere Türklinke zu fassen und nach unten zu ziehen.

Schnäppchenpreise

Früher kostete der Schlepper nach Westeuropa 2000 € und mehr. Jetzt kommt man für 200 € über die grüne Grenze von Serbien nach Ungarn, Schengen-Land. Scharen von Kosovaren nutzen die Schnäppchenpreise - auch 2000 Roma. Wer da wohl alles wegschaut?

Respekt

Illegale Mülldeponien und Littering sind ein Schandfleck des Kosovo. Häuser und Wohnungen werden meist peinlich sauber gehalten, oft mehrmals täglich gestaubsaugt. Außerhalb der eigenen vier Wände wird Abfall achtlos weggeworfen, entsorgt.

Als Erklärung wird oft genannt, dass die Kosovaren den Staat nicht als den ihren betrachten. Dabei haben die Kosovo-Albaner für einen eigenen Staat gekämpft und ihn 2008 auch erhalten.

Internationale und lokale Organisationen haben versucht, die Mentalität zu ändern, ohne wesentlichen Erfolg. Immerhin sind seit einiger Zeit in den Supermärkten nur noch biologisch abbaubare Plastiktüten erlaubt.

Einmal fuhr ich mit meiner damaligen Dolmetscherin in die Berge hoch. Nirgends Abfälle, die Augen erholten sich. Als sie ihre Cola ausgetrunken hatte, öffnete sie das Autofenster und warf, bevor ich ihre Absicht realisierte, die Büchse hinaus. Sie zuckte zusammen, als ich sie grob zurechtwies: Sie habe es aus Respekt vor mir getan, um mein Auto nicht zu verschmutzen.

Gute Geschäfte

In Italien, schreibt die Neue Zürcher Zeitung, erwirtschaftet die Mafia "einen Jahresumsatz von 180 Milliarden Euro und ist bei weitem der grösste 'Konzern' im Land". Das entspricht 10 % des italienischen Bruttoinlandprodukts.

Der ehemalige Leiter der Wirtschaftsabteilung der hiesigen UNO-Mission schreibt, der Umsatz der Organisierten Kriminalität im Kosovo belaufe sich je nach Quelle auf ein Viertel bis zwei Drittel des kosovarischen Bruttoinlandprodukts.

Für Besucher ist Kosovo indessen sicherer als die allermeisten typischen Urlaubsländer.

Manchmal

Sie war nach zwanzig Jahren im Ausland vor vier Jahren in den Kosovo zurückgekehrt. Das Hotel gefiel ihr sehr. Dann fragte sie mich, ob ich es nicht bereute, hier investiert zu haben. Auf meine Antwort "manchmal" nickte sie wissend.

Schweizer Qualität

Einer der Architekten, den wir für das Hotelprojekt evaluierten, lehrt auch als Professor an der Universität. Ich besichtigte mit ihm ein Hotel, das er projektiert hatte. An verschiedenen Stellen gab es offensichtliche Baumängel. Der Architekt meinte entschuldigend, für die Bauphase sei er nicht mehr zuständig gewesen.

Als ich ihm sagte, ich würde im Kosovo bei unserem Bau ja nicht 100 % Schweizer Qualität erwarten, aber 90 % wären schon wünschenswert, antwortete er: "Mehr als 60 % liegen im Kosovo nicht drin."

Wir haben schliesslich doch gegen 90 % erreicht. Aber der Bau kostete doppelt soviel wie von unserem Architekten anfangs veranschlagt.

Wem nützt's?

Die Autobahn von der albanischen Grenze nach Pristina hat pro Kilometer 10.8 Millionen Euro gekostet, bei Gesamtkosten von 1.13 Milliarden Euro, 26 % des kosovarischen Bruttoinlandprodukts. Die Baukosten pro Kilometer sind höher als in Deutschland. Der Stundenlohn der auf dem Bau beschäftigten Arbeiter betrug gemäss Presseberichten 1.35 Euro.

Jetzt wurde mit dem Bau der nächsten Autobahn begonnen, von Pristina zur mazedonischen Grenze. Für das Hotel wäre es wichtig, die Straßenführung mit den Ein- und Ausfahrten zu kennen, doch Internet-Recherchen bleiben erfolglos. Ein Verantwortlicher des Ministeriums bestätigt mir, dass sie nicht öffentlich ist.

Tourismusförderung

Die Tourismus-Organisation von Gračanica hat eine neue Webseite aufgeschaltet. Immerhin besuchen jedes Jahr 2500 Touristen das hiesige Kloster, ein UNESCO-Weltkulturerbe. Gemäß dem Direktor der Organisation kommen sie mehrheitlich aus Westeuropa, Japan, China und Taiwan. Die Webseite ist auf Serbisch in kyrillischer Schrift.

Roma

Im Kosovo gab und gibt es keine nomadisierenden Roma. Wenn Chergari, fahrende Roma aus Serbien, ins Dorf kamen, holte Hisen's Mutter die Wäsche und die Kinder rein.

Ado versichert, er würde seinen Sohn nie eine Chergari heiraten lassen.

Hisen und Ado sind beide Roma.

Schreib was Positives!

"Du schreckst mit diesen Geschichten Deine Gäste ab", sagte sie. Erzählt habe ich sie indes schon oft, und dennoch wollen alle wiederkommen. Einer der Gründe: die überwältigende Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Kosovaren, die vieles aufwiegt.

Unser Lieblingseintrag im Gästebuch: "Das Paradies liegt in Gracanica, mitten im Kosovo. Wer hätt's gedacht."

Roma-Hotel

Anfangs sollte es ein Roma-Hotel werden, mit ausschliesslich Roma-Mitarbeitenden. Doch meine beiden Partner warnten vor negativen Reaktionen der serbischen Mehrheit in Gračanica.

Bei der Personalrekrutierung war dann klar, dass wir die Besten wollten - und stellten zur Hälfte Roma ein. Lange dachte ich, das sei das Resultat unserer Netzwerke. Bis ich erkannte, dass Roma am häufigsten unsere Sprachanforderungen erfüllten: Englisch, Serbisch und Albanisch.

Gut qualifizierte ältere Albaner haben Arbeitsstellen, jüngere können meist kein Serbisch. Serben haben immer nur in Ausnahmefällen Albanisch gelernt. Nur Roma leben "zwischen zwei Feuern" und sprechen daher oft beide Sprachen.

Wasserrationierung

Der letzte Winter war extrem trocken, die Stauseen zu 90% leer. Wasser wurde rationiert, auf wenige Stunden pro Tag.

Frühling und Sommer regnete es. Zum ersten Mal seit langem waren die Stauseen mitten im Jahr voll. Doch Wasser fliesst weiterhin nur fünf Stunden am Tag.

Das Versprechen einer besseren Wasserversorgung hatte Shpend Ahmeti von der oppositionellen "Bewegung für Selbstbestimmung" vor seiner Wahl zum Bürgermeister von Pristina gegeben. Böse Zungen behaupten, seine politischen Gegner, die das regionale Wasserwerk kontrollieren, wollten ihm diesen Erfolg nicht gönnen.

In unserer Strasse wurden anfangs Jahr neue Wasserrohre verlegt. Ob jemand damit viel Geld verdient hat? Die Rohre brechen alle paar Wochen, das Wasser ergiesst sich über die Strasse. Anfangs haben wir noch das Wasserwerk informiert. Es herrschte ja Wassermangel. Wochen später wurden jeweils die Rohre repariert. Jetzt rufen wir nicht mehr an.

Für das Personal haben wir jetzt in der Werkstatt eine Dusche eingebaut. Zuhause haben sie vor und nach der Arbeit kein Wasser.

Investitionsförderung

Die kosovarische Regierung wirbt um ausländische Investitionen. Das Land hätte sie dringend nötig. Die Arbeitslosigkeit liegt je nach Quelle zwischen 33 und 60 %.

Kosovo, heisst es, habe ausgezeichnete Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen: niedrige Steuern, EU-kompatible Gesetze und kundenfreundliche Behörden.

Im April 2013 ersuchten wir um Rückerstattung der Mehrwertsteuer in Höhe von 165'296 € auf die getätigten Investitionen. Der zuständige Steuerinspektor befand alle eingereichten Dokumente in Ordnung. Doch seine Vorgesetzten reduzierten den Rückerstattungsbetrag um über 70'000 €: Maßgeblich seien nicht die getätigten und belegten Investitionen, sondern der Voranschlag.

Die Einsprache unseres Anwalts war mehrheitlich erfolgreich. Für die restlichen 7326 € haben wir am 18. November 2013 Rekurs eingelegt. Seit elf Monaten warten wir auf einen Gerichtstermin.

Von befreundeten Unternehmern hören wir immer wieder, wie gefährlich es sei, die Mehrwertsteuer zurückzufordern. Dies führe automatisch zu vermehrten Steuerinspektionen, und die Inspektoren fänden immer irgendeinen Grund, Bussen zu verhängen, die den Rückerstattungsbetrag übersteigen.

In Mazedonien sind ausländische Investoren für bis zu 10 Jahre von allen Steuern befreit.

Sterne

Die Kommissionsmitglieder betonten, die Hotel-Kategorisierung nach Sternen erfolge gemäß westeuropäischen Standards. In Westeuropa würden uns nur Kleinigkeiten für vier Sterne fehlen. Kleinigkeiten, auf die wir bewusst verzichten. Die Kommission gab uns zwei Sterne (s.http://www.hotelgracanica.com/about-us/appeal-against-star-rating/).

Wir könnten, wurde uns beschieden, nach einigen Verbesserungen jederzeit einen neuen Antrag stellen. Verbesserungen wie ein Direktionszimmer, Disko, Drehtüren...

In einem anderen Hotel wurde die Kommission zu einem sechs-gängigen Festmahl eingeladen. Es erhielt die gewünschten Sterne.

Planen Sie Ihre perfekte Reise

Über 50 % aller Hotelbuchungen werden im Internet getätigt. Unser grösstes Handicap ist, dass man uns im Internet nur schwer findet.

Das Hotel ist 8 km vom Stadtzentrum von Pristina entfernt. Im Taxi kostet die Strecke 5 € und dauert durchschnittlich 15 Minuten. Als ich noch auf der Schweizer Botschaft arbeitete, fand ich das wunderbar, auf dem Land zu wohnen und in 15 Minuten im Büro zu sein. Bis 2009 gehörte Gračanica zu Pristina. Dann wurden aus politischen Gründen die Grenzen neu gezogen.

TripAdvisor wirbt mit dem Slogan: "Planen Sie Ihre perfekte Reise". Doch wer ein Hotel am Stadtrand von Pristina sucht, wird uns mit TripAdvisor nicht finden. Wir haben mehrmals angefragt, weshalb sie andere Hotels, die weit ausserhalb Pristina's liegen, unter Pristina aufführen, uns aber nicht. Keine Antwort.

Aber der Vertreter, der uns einen teuren Business-Eintrag auf Tripadvisor verkaufen wollte, hatte stundenlang Zeit für uns.

Spekulanten

Wir haben lange nach dem bestgeeigneten Grundstück für das Hotel gesucht und es schliesslich gefunden. Unmittelbar neben der archäologischen Fundstätte Ulpiana, mit einen wunderschönen Ausblick auf Felder und Hügel.

Ulpiana war einst eine der grössten römischen Städte auf dem Balkan, jedes Jahr finden Ausgrabungen statt. Seit den 50er Jahren ist das Ausgrabungsgebiet gesetzlich geschützt, und dieser Schutz wird auch durchgesetzt. In einem Land, wo sonst jeder baut, wo er gerade Lust hat, ist das viel wert.

Gesetzgeber machen Fehler. Als Ulpiana unter Schutz gestellt wurde, wurde eine Parzelle vergessen. Die Parzelle direkt gegenüber dem Hotel.

Der serbische Bauer, dem sie gehörte, wollte sie uns nicht verkaufen, als wir ihn 2011 danach fragten. Dann haben wir nicht mehr daran gedacht.

Kurz nachdem wir das Hotel im April 2013 eröffnet hatten, erhielten wir Besuch. Einem schicken, grossen Geländewagen entstieg ein Grundstück-Makler, der uns erklärte, er habe das Grundstück gekauft, und wir könnten es von ihm - zu einem Phantasiepreis - erwerben. Andernfalls habe er aber auch weitere Interessenten, die dort bauen wollten. Wir verhandelten erfolglos.

In den folgenden Monaten sah man den Makler manchmal mit Begleitern auf dem Grundstück. Wahrscheinlich sollte uns anderweitiges Kaufinteresse vorgegaukelt werden.

Im Sommer 2014 veröffentlichte die Gemeinde Gračanica ihren Zonenplan, der das Grundstück der Landwirtschaftszone zugeteilt. Die Rekursfrist endete ungenutzt.

Kürzlich haben wir gehört, dass der Makler das Grundstück gegen eine Wohnung in einem der neuen Wohnblöcke einzutauschen versucht.

Vorurteile gegenüber Roma

Das Hilfswerk "Voice of Roma, Ashkali and Egyptians (VoRAE)" hat mit grossem Erfolg zwanzig sogenannte Education Centers für Roma-Kinder aufgebaut. Roma-Kinder können oft nur ihre Muttersprache, Romanes, wenn sie das Einschulungsalter erreichen. Doch im Kosovo ist die Unterrichtssprache Serbisch oder Albanisch. In den Education Centers wird Roma-Kindern im Vorschulalter Serbisch oder Albanisch beigebracht, damit sie nicht mit einem kaum aufholbaren Handicap ins reguläre Schulsystem eintreten. Ältere Kinder erhalten Unterstützung bei den Hausaufgaben. In einem anderen Programm erhalten Mittelschüler und Studenten Stipendien, da die Familien meist zu arm sind, um den Schul- oder Universitätsbesuch zu finanzieren.

Kürzlich unterhielt ich mich mit Leiter von VoRAE - einem Rom - über Möglichkeiten, über die Webseite des Hilfswerks ein breiteres Publikum zu erreichen. Listen mit den zehn unglaublichsten, besten, absurdesten, schönsten Orten, Geschehnissen, Erfindungen etc. seien ja sehr populär, ebenso Faktenchecks. Er könne doch eine Liste mit den zehn weitestverbreiteten Vorurteilen gegenüber Roma und den Fakten dahinter ins Netz stellen. Beispielsweise dass Roma nicht an Bildung interessiert seien. Seine Antwort: "Aber das stimmt!"

Schutzgelderpressung

Der Investor in einer Gemeinde nördlich von Pristina war mehrmals um Schutzgelder angegangen worden. Als er nicht zahlte, zettelten die Erpresser in seinem Restaurant eine Keilerei an, bei der das Inventar weitgehend zerstört wurde.

Er wandte sich an einen prominenten Politiker, mit dem er befreundet war. Dieser wimmelte zunächst ab: Er könne nichts tun. Der Investor antwortete: "Es waren Deine Leute." Seither hat er Ruhe.

Bevor wir mit dem Hotelprojekt begannen, fragten wir einen hochrangigen Polizeibeamten, ob es auch in Gračanica Schutzgelderpressung gebe. Seine Antwort: "Wenn Sie mich offiziell fragen: Das gibt es nicht. Privat: Ich weiss es nicht."

Wir sind bisher verschont geblieben. Vielleicht helfen die zahlreichen internationalen Gäste. Vielleicht die Video-Kameras. Zahlen würden auch wir nicht.

Fortschritt

Vor dem Krieg hatten die Häuser im Kosovo Sickergruben. Nach dem Krieg kam der Fortschritt. Die Häuser wurden an die Kanalisation angeschlossen.

Im Kosovo gibt es keine Kläranlagen. Die Kanalisation führt jeweils in den nächsten Fluss. In der Sitnica gibt es seither keine Flusskrebse mehr.

Wir hatten Glück. Die Abwässer flossen anfangs 50 m unterhalb des Hotels in das Flüsschen. Dann wurde die Kanalisation um 500 m verlängert.

Das Hotel verfügt übrigens über eine eigene Kläranlage.

Zusatzkosten

Ein Hotel im Kosovo erfordert einige Investitionen, die man in anderen Ländern nicht hätte:

  • einen Generator, wegen der häufigen Stromunterbrüche;
  • eine eigene Trafostation, weil sonst die Stromschwankungen Geräte schädigen würden;
  • einen eigenen Brunnen mit vierstufiger Filteranlage und Wassertanks, weil wir nur wenige Stunden am Tag städtisches Wasser haben;
  • eine eigene Kläranlage, weil die Kanalisation öfter mal verstopft ist (und ohnehin in das Flüsschen geleitet wird);
  • eine Dusche für die Mitarbeitenden, weil sie zu Hause regelmässig kein Wasser haben;
  • eine eigene Werkstatt für Reparaturen, weil viele Handwerker erst dann kommen, wenn sie gerade Lust haben.

Nur auf eine Backup-Batterie (UPS) für den gesamten Strombedarf haben wir verzichtet, weil die Gäste merken sollen, dass sie im Kosovo sind. Bei Stromausfall dauert es ein paar Sekunden, bis der Generator anspringt.

Bürokratie

Im Kosovo müssen Fahrzeugpapiere jährlich erneuert werden, verbunden mit einer Fahrzeugprüfung. Für die Papiere sind - persönlich - 14 Posten zu absolvieren. Die eigentliche Fahrzeugprüfung dauert ein paar Minuten.

Das gibt vielleicht eine Vorstellung davon, wieso wir 14 Monate brauchten, um die Baubewilligung für das Hotel zu erhalten.

Korruption

In korrupten Staaten gibt es drei Möglichkeiten, von Behörden das Gewünschte zu erhalten: Zahlen, Beziehungen oder Warten. Wir haben gewartet. 14 Monate.

 

Aber einmal luden wir einen befreundeten Behördenvertreter zum Essen ein. Als ich - der Schweizer - auf der Toilette war, sagte er meinem kosovarischen Partner: Er würde ja die Bewilligung erteilen, doch andere Mitglieder des Gremiums müssten zuerst mit einem i-Phone oder Samsung Galaxy 5 überzeugt werden.